„Von den alten Volkstrachten hat sich in den Harzlanden wenig erhalten. Die kleidsame Tracht des Bergmanns – grüner Schachthut ohne Rand, schwarzer Leinwandkittel mit Puffen, blankes Hinterleder mit Messingschloß und schwarzen Beinkleidern .. – sieht man fast nur noch an bergmännischen Festen und bei Beerdigungen, sie ist zur bloßen Uniform geworden; den blauen Leinwandkittel des Bauern hat vielerorts bereits ein langer Rock von unbestimmter grauer oder brauner Farbe verdrängt, nur der Fuhrmann, besonders auch der oberharzische, trägt ihn noch – wie die früher allgemein üblichen Gamaschen – regelmäßig als Arbeitsgewand; aber der schneeweiße Leinwandkittel des Fuhrherrn (Abb. 13) zu dem gelbe Gamaschen und hoher schwarzer Seidenhut gehörten, ist seit einigen Jahren völlig verschwunden. – und auch die Frauentracht fügt sich, wenn auch mit einiger Verspätung, mehr und mehr der Mode. Den mit breiten farbigen Samtstreifen mehrfach umsäumten Rock und die schwarze, mit Band und Spitze verzierte Mütze sieht man nur noch bei der älteren Generation, und auch bei dieser nur ganz vereinzelt das kleine tütenförmige Mützchen mit den breiten, fast bis auf die Fersen herabhängenden Seidenbändern, wie es z.B. die Bäuerinnen im Ambergau noch vor wenigen Jahrzehnten allgemein trugen. Aber die „Landgängerinnen“ des Oberharzes kennzeichnet noch ausnahmslos der buntgeblümte, die mit Butter und Eiern gefüllte „Kiepe“ vor neugierigen Blicken schützende, langkragige Kattunmantel …“
Friedrich Günther, Der Harz, 1910, S. 44 – Nachdruck: Paderborn (Salzwasser Verlag ) 2012,
ISBN 978-3-86444-246-9. http://www.salzwasserverlag.de