Harzer Fuhrmann

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Foto: Detlev Brinkschulte

Harzer Fuhrmann mit typisch blauem Leinwandkittel, rotem Halstuch, Manchesterhosen, gelben Gamaschen, Peitsche und der obligatorischen Pfeife – Skulptur ca. 30 cm, Holz, 1974 – geschnitzt von dem Buntenböcker Karl Cramer (1910 – 1984). Mit seiner Frau Tilly bewirtschaftete er in den 50er – 70er Jahren die Hanskühnenburg, einem markanten Steinturm und Wanderziel des Harzklub-Zweigvereins Osterode am Harz e.V. Auf dem Acker im heutigen Nationalpark Harz. –
Abb. mit freundlicher Erlaubnis von Richard und Carla Hille – Haus Hoheneck | Buntenbock.

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Gesucht wird … der Fuhrmannskittel

Im Gegensatz zum Frack erscheint der Kittel oder Küttel schon in den ältesten Steckbriefen. Bei ihm handelt es sich im Spiegel der Signalements um eine Kleidung, die schon in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts zur männlichen Oberbekleidung gehörte. Die Kleidungs- und Kostümgeschichte zeigt ihn als einfaches überwurfartiges Kleidungsstück, aus dem sich im 17. Jahrhundert der Rock entwickelt hat. Der Kittel wurde in der Folge zu einem Kleidungsstück, das einerseits vor allem den unteren Bevölkerungsgruppen und andererseits insbesondere als über der anderen Kleidung getragenes Schlechtwetterkleid diente. 1756 wurde nach mehreren Jaunern gefahndet, die „sodann die weisse Kittel ausziehen, und ganz bürgerlich daher kommen“.

Der Kittel als eher minderwertiges Kleidungsstück zeigt sich auch im Steckbriefes kleinen Henrich, von dem es 1770 hieß: „traget, wenn er auf die Märkte ziehet, einen sauberen blauen Rock, sonst aber einen Kittel“. Dieser und andere Steckbriefe zeigen, daß der Kittel den Rock ersetzen konnte. Andererseits wird mehrfach erwähnt, daß der Kittel über dem Rock getragen wurde. 1770 wurde Georg Mangold gesucht, er trug einen „blauen Rock und über diesem einen Zwillich-Kittel“. 1787 trug ein gewisser Leonhard „über einem Rock einen schwarzen Bauren-Kittel“ und ein Jahr später Johann Mergenthal „über einem grünlechten Rock einen blauen Fuhrmannskittel“.

Die Verteilung der Belege für Kittel über den Untersuchungszeitraum läßt erkennen, daß der Kittel bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts hinein offenbar sehr häufig getragen wurde, dann aber zunehmend an Bedeutung verlor und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts nur noch selten vorkam. … Zum überwiegenden Teil wurden die Kittel aus Leinen hergestellt. …

Bemerkenswert erscheint noch die Feststellung, daß die Fuhrleute offenbar häufig blaugefärbte Leinenkittel trugen, solche „Fuhrküttel“ sind mehrfach erwähnt. Ob der oben schon genannte Bauernkittel typisch für diesen Stand war, muß fraglich bleiben. …

Auffällig ist der hohe Anteil weißer Leinenkittel, ein Befund, dem die Ergebnisse der Inventarforschung deutlich entgegenstehen. So stellt sich natürlich die Frage, ob die weißen Kittel als ein Charakteristikum der Jaunergesellschaft anzusehen sind, eine Hypothese, die vor allem für die Mitte des 18. Jahrhunderts einiges für sich hat.

Wolfgang Seidenspinner; Mythos Gegengesellschaft, Erkundigungen in der Subkultur der Jauner, München (Waxmann) 1998, S.185f.

1856 – Ä Peitschen-Schtanderl for de hung Herschaften

Mei Blick gieht links niewer nohng Amthaus, wos dan grußen Platz an disser Seit su schien obschließt. Ä prächtiger Bau, äne Zier for dr ganzen Schtadt. War alle ist do in frieherer Zeit aus- un ängegange, war is do net alle zu Gast gewasen bei dan jeweiling Barkhauptmann: v. Meding, v. Knesebeck, v. Linsingen, Ottiliae!
Unner altes hannoversches Kenigshaus hot ahch Clasthol besucht un do länger verweilt. De Harzer hab se doch will garen gehatt.

An Mittwoch, den ärschten Oktober 1856 kam dr Kenig Georg V. mit dr Kenigin Marie, dn Krunprins Ernst August un dan bäden Prinzessinne Friederike un Mary in Clasthol ahn. Ä greßrer Aufwand ist wull of dn Harz noch net gemacht als wie bei disser Gelahnghät.

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An Nohchmittohk wir de Königsfamilig dorch dn Harr Barkhauptmann v. Knesebeck un än Regierungsrath bei dar prächtig Ehrenpfort, die interhalb dr Lerbacher Eisenhitt aufgefiehrt war, in Empfang genumme un begrißt, von do gängs mit Fuhrleit als Vierreiter dorch Schpalljehs von Waldarptersch, Hitten-, Bark- und Puchleit bes an dr zwäten Ehrenpfort, die uhm vor Clasthol ahngelegt war un die sich wunderbar schien ausnahm. Hie wurn de huhng Gäst von Clastholer Magistrat, von dr gansen Gästlichkät, Bark- und Hittenbeamten un dan Bergerschaftsvertratern empfange un begrißt un denn wieder dorch än ununterbrochne Schpalljeh von Bergern dr Osterederschtroß nunter bes nohng Amthaus gebrocht, wu de Kenigsfamiilig for dr nächsten Zeit Quartier namme wollte.
Alles schteckte in Grien un kä Haus war ohne Zier. Su ne Menschenmeng war will noch net of de Bän gewasen un besundersch of dr Osterederschtroß.

An Ohmd war äne gruße barkmännsche Aufwartung vor’n Amthaus. Disse Aufziehg kännt ju jeder Harzer; se sän, besundersch an Ohmd, bei dan vielen brenneten Gruhmlichtern, su ähngartig schien, daß se ä Jeder garen wiedersieht. De Barkmusiker in ihren schmucken Ohneform, dar korzen schwarzen Jack mit dicke goldne Schmier, dan griene Schachthut mit silberne Schlegel un Eisen un blanken Hinterlader, machte Morring- un Tafelmusik un war fast schtännig an dr Arpt.

Jeden Tohk machte nu dar Kenntliche Besuch Ausflieg un alles, wos es Sahn wart, han se in Ahngschän genumme. Wu se hinkame, war Alles in schännsten un frischsten Schmuck; ich will mant nenne de Prinzenlaube, de Barkwarkswohlfahrt un de Bitt. Hie warsch äne wahre Pracht. Än Tohk wir nohch dan neue Richtschacht in Burgstedter Zuck gefahren, dar for dan alten Dortheer Schacht abgesunken waren sollte. Har krehg in dr Taaf von dr Kenigin Marie sän Name un hieß von nun ahn: Kenigin Marie-Schacht.
An Freitig Ohmd war wieder äne Aufwartung von Berger un Schutzen, die ahch mit viel’n Glans verlief.

An Mantig Mittohk ließ de Kenigsfamilig von Amthaus rob „rappen“ un Alt und Jung nahm Ahnthäl an dissen saltne un äntregling Vergnieng. Weil es Rappen in dr Walt immer saltner wärd un dorim mannig Äner zunt gar net meh wäß, wos dos ähngtlich is, su will ichs hie sahn: de Kenigin un ihre Kinner hatten kläne Kerb vull neies Silwer- un Kuppergald un schräten dos nu mit vullen Händen uhm von Balkon rob.
Es Rappen hatte ju Käner gelarnt – wu sollter dos ahch larne! –

un doch verstanden se’s Alle. De arm‘ Leit, for dies beschtimmt war, un de Kinner un ahch noch Annre han kän Pfifferling liehng loßen un dr Amthausdiener hatte net nethig, harnohcher wos zesammezefahng. Es war wie gelackt do.

An dissen Mantig Ohmd war ahch äne wunderschiene Illumenation, bei dar ower ahch in’n klänsten Gassel Lichter in de Fanster schtanden. Hibsche Transparente mit sinning Inschriften brochten denn noch äne ahngenahme Obwachslung drzwischen. Ä paar drvon sän mr noch bekannt geworr’n un ich will se mit harsetzen: dr alte Kemena hatte geschriehm:

„Einst sprach Dein Ahn:
Der Harz ist doch die beste Perl‘ in meiner Kron!
Sprich Du es auch, geliebter König, lehr‘ es Deinem Sohne
Und achte nicht des Landes Wahn!“   (?)

An Finans-Revisor Lahmeyer (schpätern Ewerbarkrath) sän Haus war zu lasen:
„Des Königs Huld, der Königin Herz,

Des Waldes Gedeihn und Tausend Jahr Erz –
Wenn das der Himmel dem Harz bescheert,
Dann hat er nichts weiter, was er begehrt!“

Dr Ey in „Drei Linden“ an dr Osterederschtroß hatte ä schienes Transparent gemacht; seine Inschrift ließ sich dr blinde Kenia bei sän Dorchfahren laut un vernehmlich zwämol vierlasen. Sie lautete:

„Georg V. und Marie
Heil, Heil auf ihrem Thron!
Wenn ihre Gnad‘ doch mir verlieh‘
Hier eine Konzession!“

Es blie ower bän Alten – har krehg käne.

Ahch ä Peitschen-Schtanderle han de huhng Herschaften vorn Amthaus zu hären gekrehng, wie’s de Barkfuhrharrn mit ihren Fuhrleiten bei festling Gelahnghäten auffiehrten.
Mr hots wull noch nerringst annerschtwu gehärt. Un wenns ahch blus Peitschen waren, wu se drmit knallten – es härte sich doch gut ahn. Se waren gut ängeibt, un in frischgewaschne blae Kittels mit weißer Schullerschtickerei, dan bräten schwarzen Filzhut of dn Kopp, traten se denn, daß se sich net gehngseitig in’n Gesicht schluhng, su weit ausänanner ahn, wie de Hulane, wenn se ihre Lanzen-Iwunge machen. Un denn gäng’s ower lus, in schännsten Takt  – pfatsch, patsch, pfaaatsch! daß än Hären un Sahn verging.

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De Kenigswoch war zu End gegangen; äne ganze Woch‘ hatte es Hannoversche Königshaus unter seine liehm Harzer verweilt; se hatten sich känne gelarnt. Su ruhig un sicher wie in sein‘  ahngeschtammten Ferschtenschloß in Hannover hatte dr Landesvater do in Amthaus sei Haupt niederlehng känne. Un do waren de Harzer ahch schtols drauf. Dr Kenig hatte mt seiner ganzen Familig viel Fräd‘ bei uns erlabt, un wenn ’ne ahch es Ahnglicht, de herrlichste Gottesgab, versaht war, so hottersch doch in jeder Schtunne vermumme, wie ne seine Harzer Landskinner zugethan waren.

An Mittwoch den 8. Oktober verließen unnre Gäst Clasthol wieder un fuhren nohch Blankenburg zu, wu se dn Herzog Wilhelm von Braunschweig, ihren huhng Verwandten, än Besuch zu machen gedachten. Dr Obschied war of bäden Seiten harzlich un aufrichtig. Ä lautes tausendschtimmig „Glick auf!“ im „Of Wiedersahn!“ tente noch hinter de Wohngs har ….

Aus: Erinnerunge aus alter Zeit. Von än alten Clastholer. Erschter un Zwäter Thäl. Sonderabdruck aus den „Öffentlichen Anzeigen für den Harz“, Clausthal (Pieper’sche Buchdruckerei – Bruno Reiche) 1907, Erschter Thäl, S. 31ff.

Abb.: Georg V., König von Hannover, seine Frau Marie von Sachsen-Altenburg und die Kinder Kronprinz Ernst August, Prinzessin Friederike und Prinzessin Marie, Druck der Hof- und Steindruckerei Julius Giere, Hannover, Datum unbekannt, vermutl. 1854 – 1856,
Quelle:  Commons.wikimedia

Fuhrleute – Aufwartung

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Aufwartung beim Bergfeste zu Clausthal. Ansicht mit Teilansicht der Stadt. – Holzstich nach Geißler, aus dem Jahr 1864. Graphik: Alte Stadtansichten Deutschland –

Festumzug mit Pferdefuhrwerk

Festumzug mit Pferdefuhrwerk (Hille) zum 200jährigen Bestehen der Buntenböcker Schützengesellschaf, im Hintergrund die geschmückte Pension Höhlein. August 1958. Foto: Gerd Dasenbrook

Festumzug mit Pferdefuhrwerk (Hille) zum 200jährigen Bestehen der Buntenböcker Schützengesellschaft, im
Hintergrund die geschmückte Pension Höhlein | August 1958 | Foto: Gerd Dasenbrook

Da Du, theurer Leser, vielleicht nicht weißt, was „Velveteen“ ist, so erlaube ich mir, Dir zu erklären, daß dieses ein englisches Wort ist, welches sammtartig bedeutet, und man benennt damit eine Art Sammt von Baumwolle, woraus sehr schöne Hosen, Westen und sogar Kamisöle verfertigt werden. Es trägt dieser Kleidungsstoff auch den Namen „Manchester“, nach der gleichnamigen Fabrikstadt, wo derselbe zuerst fabrizirt wurde.

Heinrich Heine

Heinrich Heine’s Memoiren über seine Jugendzeit, hg. von Eduard Engel in: Die Gartenlaube (1884). Leipzig: Ernst Keil, 1884, Seite 230. Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: http://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Die_Gartenlaube_(1884)_230.jpg&oldid=1989264 (Version vom 20.04.2013)

Aufwartung

Illustrierte Zeitung, Leipzig, Berlin, Wien, Budapest, New York, Bd. 43, 3. September 1864, S. 160.

Illustrierte Zeitung, Leipzig, Berlin, Wien, Budapest, New York, Bd. 43, 3. September 1864, S. 160.

„Wie dergestalt die Arbeit – was sie sollte – Zweck und nicht Mittel des Lebens wird und alle menschlichen Beziehungen regelt, so ergeben sich aus ihr auch allerlei Sitten, Rechte und Gewohnheiten, Feste und Freuden. Etwa war früher, zu hannoverschen Zeiten, wo öfters der König oder ein Anverwandter des „höchsten Bergherrn“ auf den Harz kam, die „Aufwartung“ eine besondere Freude der Berg- und Waldleute.
Zu Ehren des Besuches formierte sich am Abend ein Zug der gesamten Belegschaften, jede Art von Arbeitern in ihrer bestimmten Tracht: die Bergleute im schwarzen Leinwandkittel, Hinterleder und Grubenlicht; vor ihnen die Beamten in der Puffjacke mit dem Häckel in der Hand; die Hüttenleute in grossen Lederschürzen mit langen Fackeln; die Fuhrherrn im blauen Kittel, breitkrempigen schwarzen Hut, manchesternen Kniehosen und langen Gamaschen, die lange Peitsche in der Hand; mit diesen Peitschen knallten sie kunstreich, wenn sie vor dem Balkon des Amtshauses vorbeizogen, wobei Anfang und Ende des Knallkonzerts ihnen durch ein Licht von einem bestimmten Dachfenster aus angegeben wurde;
da trugen dann die Köhler schneeweisse Kittel und weisse Leinwandgamaschen, aber Gesicht und Hände liessen sie so schwarz, wie sie bei der Arbeit waren, ja, machten sie wohl noch schwärzer in Stolz auf ihren Stand.
Heute findet eine Aufwartung noch statt, wenn der Minister kommt; aber wenigstens die Berg- und Hüttenleute ziehen heute alle zwei Jahre zum Knappschaftsfest in ihrer alten Tracht auf.“

Paul Ernst; Der Harz, mit acht Vollbildern, Reihe Städte und Landschaften, hg. von Leo Greiner, Stuttgart (Carl Krabbe Verlag, Erich Gussmann) o.J. (1900?), S. 110f.

Eseltreiber im Okertal

Eseltreiber im Okertal

Die Rohmkebrücke im Ockertal (mit Eseltreibern)
aus: ‪Band 3 von Harz-Panorama : Ein Cyklus der schönsten und interessantesten Harzansichten in Stahlstich nach Originalzeichnungen von W. Saxesen / Mit Erläuterungen von Eduard Mühlenpfordt, Clausthal 1844. – Nachlass Louise Höhlein, geb. Bormann (1907-1993).

FUHRMANNSKITTEL, m. ein wie ein hemd und zwar gewöhnlich aus starker leinwand gemachter kittel, den der fuhrmann zu tragen pflegt, in manchen gegenden vorzugsweise von blauer farbe. früher ein lederner rock den die fuhrleute trugen, denn bei Comenius sprachenthür nr. 481 ein lederner rock (fuhrmannskittel), penula scortea. dann überhaupt ein hemdartiger grober kittel.

Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 25.07.2013.