harzer ‚goat walk‘

Trachten aus dem Harz. Chromlithographie von A. Kretschmer um 1887.

Trachten aus dem Harz.
Chromlithographie von Albert Kretschmer um 1885.

Der Harz

Bei den Männern ist, neben dem blautuchenen Rock von halbmoderner Form als Sonntagstracht, der hellblauleinene Kittel für den Werktag vorherrschend; letzterer unverändert wie er in den meisten Gegenden Norddeutschlands sich wiederfindet: ohne Kragen, bald in engen, bald in flacheren Faltenlagen vom Ausschnitt des Halses ausgehend, und mit breiter Verzierung von weißer oder dunkelblauer Stickerei am Achselstück.

Die schwarzen oder hellen Lederhosen mit Stiefeln bis unter das Knie reichend, dunkelblaue Strümpfe, und über diese Gamaschen von hellem Tuch, von der ganzen oder halben Länge des Unterschenkels, schwarzlederne Gebirgsschuhe mit dicken Sohlen und vielen Nägeln beschlagen, ein runder, schwarzer oder brauner Filzhut mit niedrigem Kopf und breiter Krempe, eine dunkelblaue Mütze von Tuch mit Lederschirm und endlich die mit Pelz besetzte Sammetkapppe ist die hier am meisten gebräuchliche Bauerntracht.

Am eigenthümlichsten kleidet sich unter den Bewohnern dieser Gegend der Schäfer. Im langen dunkelblauen Tuchrock mit dem brennend rothen Unterfutter und mit gemusterten Messingknöpfen besetzt; um Schulter und Rücken das lederne Ränzel mit vielen Metallbeschlägen, Ringen, Hundekoppeln und dergleichen Dingen, die theils von praktischem Nutzen sind, theils auch nur dazu dienen, seine Würde erkennen zu lassen; in der einen Hand das machthaberische Zeichen, den langen Schäferstab mit eisernem Haken, so finden wir ihn neben seiner wandelnden Sommerwohnung, dem „Schäferkarren“, welcher Schlafstube und Speisekammer vertritt.

Das Uebrige, diese Tracht Vervollständigende finden wir beim Bauern wieder, nur zuweilen vertauscht er den blautuchenen Rock mit einem weißleinenen oder trägt unter einem dieser beiden noch den blauleinenen Kittel.

Die Frauentracht in der Gegend um Wernigerode hat bei großer Einfachheit in Stoff, Farbe und Form dennoch viel Anmuthiges. Das gescheitelte oder nach der Höhe gestrichene Haar wird am Wirbel von einem schwarzseidnen Häubchen bedeckt, welches bald spitz nach hinten steht, bald flacher am Kopfe anliegt, und deren lange schwarzseidene Bänder am Rücken, sowie auch unter dem Kinn besfestigt, herabhängen.

Für die übrige Bekleidung lieben die Harzerinnen meistens Wolle oder dunkelstreifig und blumig gemusterten Kattun, welcher so nebeneinander gestellt ist, daß in vielen Fällen eine harmonische Farbenwirkung erzielt wird. Ein Kattunrock mit Kattunstreifen anderer Farbe am Saum besetzt, und eine Jacke und Schürze desselben Stoffs von dritter und vierter Farbe sind fast immer zusammen. Diese Zusammenstellung ist dennoch wenig auffallend, weil die Stoffe vorherrschend in ernsten Farben gehalten sind.

Die Röcke sind in nicht übermäßiger Faltenfülle und reichen in größter Länge beinahe bis zum Knöchel; sie sind häufig langgestreift und, wie oben erwähnt, am Saum breit besetzt. Die Schürzen sind größtentheils von dunkelbraunem Kattun mit weißen Blümchen (ähnlich der in jeder Wirthschaft bekannten Küchenschürze), doch sind auch hellstreifige oder hellblumige gebräuchlich und bei reicheren Bäuerinnen auch von besserem Stoff. Ein dunkelfarbiges Mieder, aus welchem die weißen Hemdärmel hervorsehen, ist für das Haus üblich, sonst wird über dieses eine glatte Jacke angezogen und darüber wieder ein Kattunbrusttuch dreizipfelig gebunden, dessen zwei Enden vorn von der Schürze bedeckt werden.

Ganz eigenthümlich ist außerdem der radförmige Mantel von dickem Stoff, womit sich die Harzerinnen gegen die Rauhigkeit des Wetters schützen und dessen Gebrauch sich auch bis in das benachbarte Flachland, im Regierungsbezirk Magdeburg, ausdehnt. Er ist am häufigsten von schwarzblauer oder trübroter Farbe und mit weißen Streifen, die der Breite nach verschieden sind, so bedeckt, daß der eine Theil der Streifen vom Nacken bis zum Saum lothrecht herabgeht, während von da aus die beiden anderen Theile im schiefen Winkel nach vorn auslaufen.

Um Stollberg bedienen sich die Frauen eines hellen Kattunmantels mit großem Kragen; am Halsausschnitt ist derselbe mit einer Krause, am Kragen und unteren Saum mit einem in Falten gezogenen Besatz desselben Stoffs verziert. Auch trägt man hier statt des schwarzseidenen Häubchens ein Kattunkopftuch, welchse als Binde um den Kopf gelegt wird, und dessen Enden im Nacken herabhängen.

Albert Kretschmer; Deutsche Volkstrachten, Leipzig 1887, S. 25f.

Harzer Fuhrmann

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Foto: Detlev Brinkschulte

Harzer Fuhrmann mit typisch blauem Leinwandkittel, rotem Halstuch, Manchesterhosen, gelben Gamaschen, Peitsche und der obligatorischen Pfeife – Skulptur ca. 30 cm, Holz, 1974 – geschnitzt von dem Buntenböcker Karl Cramer (1910 – 1984). Mit seiner Frau Tilly bewirtschaftete er in den 50er – 70er Jahren die Hanskühnenburg, einem markanten Steinturm und Wanderziel des Harzklub-Zweigvereins Osterode am Harz e.V. Auf dem Acker im heutigen Nationalpark Harz. –
Abb. mit freundlicher Erlaubnis von Richard und Carla Hille – Haus Hoheneck | Buntenbock.

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„…a waggoner’s frock, velveteen breeches, and leather leggings …“

„Persuaded, in part, by these representations, but overborne in a much greater degree by his fear of Fagin, Mr. Bolter at length consented, with a very bad grace, to undertake the expedition. By Fagin’s directions, he immediately substituted for his own attire, a waggoner’s frock, velveteen breeches, and leather leggings: all of which articles the Jew had at hand. He was likewise furnished with a felt hat, well garnished with turnpike tickets; and a carter’s whip. Thus equipped, he was to saunter into the office, as some country fellow frown Covent Garden market might be supposed to do for the gratification of his curiosity; and as he was as awkward, ungainly, and raw-boned a fellow as need be, Mr. Fagin had no fear but that he would look the part to perfection …“

Charles Dickens, Oliver Twist, Chapter 43,
http://www.online-literature.com/dickens/olivertwist/44/

Fuhrleute – Aufwartung

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Aufwartung beim Bergfeste zu Clausthal. Ansicht mit Teilansicht der Stadt. – Holzstich nach Geißler, aus dem Jahr 1864. Graphik: Alte Stadtansichten Deutschland –

„Des Sonntags sind sie wie andre Bürger gekleidet …“

„Die Bergfuhrleute tragen wahrend ihren Arbeiten lange bis unter die Kniee gehende, weiße, linnene Kittel oder Pufjacken, und haben sonst nichts auszeichnendes in ihrer Kleidung. Des Sonntags sind sie wie andre Bürger gekleidet, aber bey Feierlichkeiten haben sie lange, weiße Kittel an, und machen ihre Aufwartung mit Peitschenknallen, worin sie, in Absicht des Takts und der Stärke, alle andere Fuhrleute bey weitem übertreffen.“

Sven Rinmann’s König. Schwedischen Bergraths und Ritters des Wasa-Ordens allgemeines Bergwerkslexikon. Nach dem Schwedischen Original bearbeitet und nach dem neuesten Entdeckungen vermehrt von elner Gesellschaft deutscher Gelehrten und Mineralogen. Erster Theil. enthält A bis Berg. Mit Kupfern. Leipzig 1808.  bey Fr. Chr. W. Vogel, S. 634.

Aufwartung

Illustrierte Zeitung, Leipzig, Berlin, Wien, Budapest, New York, Bd. 43, 3. September 1864, S. 160.

Illustrierte Zeitung, Leipzig, Berlin, Wien, Budapest, New York, Bd. 43, 3. September 1864, S. 160.

„Wie dergestalt die Arbeit – was sie sollte – Zweck und nicht Mittel des Lebens wird und alle menschlichen Beziehungen regelt, so ergeben sich aus ihr auch allerlei Sitten, Rechte und Gewohnheiten, Feste und Freuden. Etwa war früher, zu hannoverschen Zeiten, wo öfters der König oder ein Anverwandter des „höchsten Bergherrn“ auf den Harz kam, die „Aufwartung“ eine besondere Freude der Berg- und Waldleute.
Zu Ehren des Besuches formierte sich am Abend ein Zug der gesamten Belegschaften, jede Art von Arbeitern in ihrer bestimmten Tracht: die Bergleute im schwarzen Leinwandkittel, Hinterleder und Grubenlicht; vor ihnen die Beamten in der Puffjacke mit dem Häckel in der Hand; die Hüttenleute in grossen Lederschürzen mit langen Fackeln; die Fuhrherrn im blauen Kittel, breitkrempigen schwarzen Hut, manchesternen Kniehosen und langen Gamaschen, die lange Peitsche in der Hand; mit diesen Peitschen knallten sie kunstreich, wenn sie vor dem Balkon des Amtshauses vorbeizogen, wobei Anfang und Ende des Knallkonzerts ihnen durch ein Licht von einem bestimmten Dachfenster aus angegeben wurde;
da trugen dann die Köhler schneeweisse Kittel und weisse Leinwandgamaschen, aber Gesicht und Hände liessen sie so schwarz, wie sie bei der Arbeit waren, ja, machten sie wohl noch schwärzer in Stolz auf ihren Stand.
Heute findet eine Aufwartung noch statt, wenn der Minister kommt; aber wenigstens die Berg- und Hüttenleute ziehen heute alle zwei Jahre zum Knappschaftsfest in ihrer alten Tracht auf.“

Paul Ernst; Der Harz, mit acht Vollbildern, Reihe Städte und Landschaften, hg. von Leo Greiner, Stuttgart (Carl Krabbe Verlag, Erich Gussmann) o.J. (1900?), S. 110f.

FUHRMANNSKITTEL, m. ein wie ein hemd und zwar gewöhnlich aus starker leinwand gemachter kittel, den der fuhrmann zu tragen pflegt, in manchen gegenden vorzugsweise von blauer farbe. früher ein lederner rock den die fuhrleute trugen, denn bei Comenius sprachenthür nr. 481 ein lederner rock (fuhrmannskittel), penula scortea. dann überhaupt ein hemdartiger grober kittel.

Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 25.07.2013.

Schauvitrine zum Alltag der Fuhrleute im Hütten- und Technikmuseum Ilsenburg (Foto: dbrinkschulte)

Die Tracht der Harzer Fuhrherren und Fuhrleute

Viele Gegenden in Deutschland zeichnen sich durch zum Teil wunderschöne Trachten aus; die Trachtenlandschaft des Harzes, eine Gebirgslandschaft in Norddeutschland, ist weitgehend unbekannt, obwohl es auch hier viele verschiedene Trachten gab.
Einen kleinen Überblick darüber sollen diese Seiten vermitteln.
Überwiegend sind sie mit den Bildern von Rudolf Nickel   (7.4.1890 – 27.4.1975)  aus Goslar illustriert.