Holz zu jeder Jahreszeit

Holzfuhr im Winter – hier für den Eigenbedarf – Aufnahme um 1900 bei Buntenbock.

Das Feuerholz wurde vor alters wie die Kohlen in zweiräderigen Karren gefahren, auf welchen statt des Korbes zwei niedrige Wagenleitern angebracht waren, zwischen denen das Holz aufrecht und hoch aufgetürmt stand. Ein solcher Karren faßte 2 alte Harzmalter à 30 Kubikfuß, also etwa 1 1/2 m. Auf den jetzigen Leiterwagen zieht ein Pferd 1 Harzmalter à 80 Kubikfuß = 2 m. Doch wird bei den besseren Waldwegen im Sommer meist zweispännig zu Walde gefahren. Ein großer Teil des Brennholzes muß indes „gerückt“ werden: es ist von steilen Berghängen durch ein tiefes Tal und wieder hoch hinauf zu schaffen, so daß den Zugtieren bis zum Beginn der Hochebene nur die halbe Ladung zugemutet werden kann.

Manche Forstorte liegen so ungünstig, daß die Abfuhr des Holzes vorteilhaft bis zu guter Schlittenbahn aufgeschoben wird. An frosthellen Wintertagen begegnen uns oft ganze Karawanen, und wir müssen, da ein anderes Ausweichen unmöglich und von Rohrs‘ Urteil über die Fuhrknechte (siehe S. 149) noch immer nicht ganz unzutreffend ist, uns seitwärts in den tiefen Schnee stellen, bis die letzten Schlitten vorüber sind.

Die einen fahren Schachtholz für die Gruben. Die langen, starken Fichten, denen nur die äußerste Spitze und die Zweige genommen sind, hat man mit dem Stammende zu Zweien oder Dreien auf dem „Knäbchen“, einem ganz kurzen, festen Schlitten, mittels Ketten befestigt, das Zopfende schleift aufdem Schnee und macht den Weg spiegelglatt. In dem schmalen Fahrgleise gehen die vor das Knäbchen gespannten Pferde hinter einander.

Andere Fuhrleute haben Brennholz geladen, und in langem Zuge, Schlitten hinter Schlitten, vor jedem ein Pferd, kommen sie dort über den Berg. Jetzt machen sie für einen Augenblick Halt. Der Atem der dampfenden Pferde wird sofort zu Reif. Um sich zu erwärmen, versuchen sich die Fuhrleute im Knallen, und weithin schallt’s wie Flintengeknatter durch den stillen Wald. Wenn die Pferde sich erholt haben, ziehen sie von selbst wieder an, und mit leisem Glockenklingen geht der Zug weiter.

Friedrich Günther; Der Harz, S. 547f. s. auch Karl Thiele, Fuhrleute.

„Jetzt stehen die Bergfuhrherren auf dem Aussterbeetat“

Christian Bormann, letzter ‚Fuhrherr‘ der Familie, vor dem Bormannshaus in Buntenbock, Aufnahme nach 1900. Christian Bormann trägt die klassische Fuhrherrentracht: Den weißen Kittel, schwarze Manchesterhosen mit Gamaschen, Schlapphut auf dem Kopf, Peitsche in der Rechten und die obligatorische Pfeife im Mund.

Auch das Fuhrwesen am Oberharze hat vor noch nicht zwei Jahrzehnten eine völlige Umgestaltung erfahren. Doch liegt der Grund hierfür nicht allein in der veränderten Waldnutzung, sondern zu größerem Teile in dem Fortfall der Erzfuhren ..

Die alten konzessionierten, pensionsberechtigten „Bergfuhrherren“ waren angesehene und wohlhabende Leute, die Tag für Tag dem vereinigten Berg- und Forstfiskus mit einer stattlichen Reihe von „Geschirren“ dienten. Wo Beamte in Uniform erschienen, namentlich aber Sonntags, wenn sie beim Forstmeister, ihrem nächsten Vorgesetzten, zusammenkamen, um Arbeitsanweisung und (auch für Privatfuhren gültige) Fuhrtaxe für die kommende Arbeitswoche entgegenzunehmen, da trugen sie mit Stolz ihren blendend weißen, sauber gearbeiteten langen Kittel (eine Bluse), der den feinen schwarzen Tuchrock völlig verdeckte.

Eine hohe Ehre aber war es ihnen, mit dem Berg- und Hüttenmann als dritte Gruppe an bergmännischen „Aufwartungen“ teilzunehmen und durch ihr kunstfertiges, minutenlang andauerndes Peitschenknallen, dessen Anfang und Ende ihnen durch an einem bestimmten Dachfenster des Amtshauses plötzlich auftauchendes und verschwindendes Licht signalisiert wurde, das Hurra und Glückauf jener zu verstärken. Auch wenn Deputationen an den höchsten Bergherrn zur Gratulation nach Hannover entsendet wurden, durften die Weißkittel neben der Puffjacke und dem Schurzfell nie fehlen, und ihr einem Schnellfeuer ähnliches Konzert erregte dort mehrfach solches Aufsehen, daß sie es zum zweitenmale aufführen mußten.

Jetzt stehen die Bergfuhrherren auf dem Aussterbeetat, und an ihre Stelle sind einfache „Fuhrunternehmer“ getreten.

Friedrich Günther; Der Harz in Geschichts-, Kultur- und Landschaftsbildern, Hannover 1888, S. 574.

 

Von 1700 bis 1850 war die Blütezeit des Fuhrwesens in Buntenbock. Seit etwa 1750 traten „Fuhrherren” auf. Die Fuhrherren fühlten sich als ein besonderer Stand. Es wird berichtet, dass selbst der König ihren Erzwagen ausweichen musste, was wohl mit der schweren Last zusammenhing. Allein im Transportwesen des Eisensteinbergbaus sind um 1800 etwa 560 Pferde mit 280 Fuhrleuten beschäftigt gewesen. Die Fuhrleute wohnten vor allem im Mittelteil des Ortes, der sich fast in einem Halbkreis um die beiden Junkernhöfe legte.

Torsten Schröpfer; Fundgrube. Wissenswertes über den Westharzer Bergbau und das Hüttenwesen, mit zahlreichen Stichwörtern aus den Bereichen Archäologie, Bergbau, Botanik, Geographie, Geologie, Hüttenkunde, Lagerstättenkunde und Mineralogie. Schriftenreihe des Oberharzer Geschichts- und Museumsvereins e.V., Clausthal-Zellerfeld 2000.

1826 | Nachlassfragen

Kund und zu wissen sei hiermit.

Nachdem bey der Teilung des Nachlasses weiland Kohlenfuhrmanns Heinrich Michael Borrmann [*1740 – †1802] zu Buntenbock dessen Sohn, der Kohlenfuhrmann Heinrich Jacob Borrmann [*02.08.1781 – †18.02.1853] folgende Erbschaftsgrundstücke als:

  1. das Haus in Buntenbock nro 12.
  2. die Hälfte der Wiese im Hasenbach nro 52.
  3. die Hälfte der Wiese auf dem oberen Felde nro 32.
  4. die Wiese am Galmke nro 69

angenommen, dagegen die Forderungen der Buntenböcker Capelle und die Prediger Witwencasse übernommen, im Übrigen aber seine Mit-Erben abgefunden hat, so sind denselben vorstehende Grundstücke in den Lagerbüchern* zugeschrieben worden.

Urkundlich unter des Bergamtes Siegel und meiner des zeitigen Bergschreibers Namens Unterschrift.

Gegeben Clausthal den 7. September 1826

(Siegel) Ch. Kast

* „Darunter hat man sich eine Zusammenstellung und Beschreibung aller assecurierten Häuser eines Ortes vorzustellen. In mancher Hinsicht entspricht es dem heutigen Grundbuch. Für Buntenbock wurde ein solches Lagerbuch im Jahr 1766 angelegt und fortlaufend bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts geführt.“ Anneliese Vasel, Wenn Buntenbocker Fuhrherren starben.

Happy Birthday, Buntenbock! – 24. Mai 1615 – 24. Mai 2015

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„Fuhrmannsleben.“ Holzstich nach Ernst Fröhlich 1849. Münchener Bilderbogen Nr. 24. – 11. Auflage

Fuhrmannsleben V | Utspann

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„Fuhrmannsleben.“ Holzstich nach Ernst Fröhlich 1849. Münchener Bilderbogen Nr. 24. – 11. Auflage

Der Transport per oder zur Fuhre oder Achse nimmt bekanntlich bei uns von Jahr zu Jahr an Bedeutung ab. Schon die Verbesserung so mancher Wasserstraßen wirkte früher darauf ein; in neuester Zeit hat aber die Ausbreitung der Eisenbahnen dem deutschen Frachtfuhrwesen einen Stoß gegeben, von welchem dasselbe sich nie wieder erholen wird.

Trotz dessen hing noch bis in das erste Viertel dieses Jahrhunderts die Blüthe unsres Binnenverkehrs auf das Genaueste mit der guten Organisation des Fuhrwesens zusammen, welches Letztere auch vor Allem eine so bedeutende Rolle auf den Messen spielte.

Der Frachtvertrag mit einem Fuhrmann wird vom Kaufmanne selten directe mit Diesem geschlossen; in der Regel tritt dabei eine Mittelsperson hinzu, welche im Allgemeinen Güterbestätter oder Güterschaffner genannt wird. Häufig nennt ein solcher Schaffner sich auch Spediteur, was aber, des anderweitigen Verstandes dieses Wortes halber, leicht zu Misverständnissen führen kann; in Hamburg, Lübeck und Holstein hat man endlich für eine gewisse Classe von Güterbestättern noch den lokalen Namen Litzenbrüder.

An vielen Orten sind, von alten Zeiten her, dergleichen Geschäfte zugleich mit einem vollständigen Ausspann der Fuhrleute, einer Gastwirthschaft, verbunden, und ganz treffend zählt noch Leuchs die Gastwirthe zu einer Art von „Consuln“ der Fuhrleute. Ehemals bezogen die Güterbestätter wohl ziemlich durchstehend den Lohn (resp. Litzgeld) für ihre Bemühung vom Absender wie vom Fuhrmann; gegenwärtig sind sie dabei jedoch mehrentheils bloß auf den Letzteren angewiesen.

Die Handelswissenschaft, theoretisch und praktisch dargestellt von Ludolph Schleier, Leipzig 1848, S. 591f.

Fuhrmannsleben IV | Am Ziel – Am Zoll

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„Fuhrmannsleben.“ Holzstich nach Ernst Fröhlich 1849. Münchener Bilderbogen Nr. 24. – 11. Auflage

Verfahren des Zolles

§.1. Alle diejenigen Waaren, welche von Harburg abgesand werden und nacher Braunschweig, Zelle, Hannover und Hildesheim, und der Orten hin destiniret [bestimmt] seyn, auch von dannen nacher Haarburg gehen, sollen praecise über die Zoll-Städte zu Witzendorf [Wietzendorf] gehen, was aber von gedachten Haarburg nach Westphalen und vice versa aus Westphalen und der Orten nacher Haarburg spediret [befördert, versandt] wird, soll allein über den Zoll zu Soltau fahren, alle anderen Neben-Zolle aber gänzlich verboten seyn: gestalt dann alle und jede Fuhrleute, welche sich dieser Wege bedienen, ernstlich verwarnet sind, sich aller Neben-Wege enthalten bey Strafe, das erstemahl mit 10 Rthlr. Und bey fernerer Contravention [Zuwiderhandlung], Arrestirung ihrer Person, Wagen, Pferde und Ladung.

Patent vom 12. May 1727. C.6. u. 169. p. 446.

§.2. Wer aus dem Braunschweigischen, Hildesheimischen und aus Hannover, nach Celle und von da wieder zurück an besagte Oerter fahren will, soll, falls er von der Ladung oder Wagen und Pferden, auch von dem durchtreibenden Viehe Zoll, Weg-Geld, Vierpfennig-Zoll und andere dergleichen Abgiften bezahlen muß, die rechte Heerstrasse über die Müggenburger und Bröckeler Dämme nehmen, und sich keines andern Weges bey ohnvermeidlicher Strafe von 10, 20 und mehr Thalern, auch dem Befinden nach Confiscation der Waaren, bedienen.

Patent vom 17. Jul. 1713. C.6. n. 163. p. 434.

Churfürstlich Braunschweig-Lüneburgische Landes-Gesetze und Verordnungen Calenbergischen und Grubenhagenschen Theils in einen Auszug nach Alphabetischer Ordnung gebracht von Friedrich Christoph Willich der Rechte Doctor, und Actuarius der Georg-August Universität. Dritter Band, R-Z nebst Anhang. (Das Exemplar kostet 2 Rthlr.), Göttingen und Dessau, bei dem Verfasser und in der Buchhandlung der Gelehrten 1782, S. 334f.

Fuhrmannsleben II | In der Frühe

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„Fuhrmannsleben.“ Holzstich nach Ernst Fröhlich 1849. Münchener Bilderbogen Nr. 24. – 11. Auflage

Die Touren der Buntenböcker Fuhrleute begannen in der Frühe des Tages. Je nach Auftrag, führten sie vom Schacht zur Erzaufbereitung, von der Köhlerei zur Hütte oder auch den Harz hinunter auf große Tour. Die Fuhrherren in Buntenbock waren auf bestimmte Fuhren spezialisiert.

Jeder conz. Fuhrherr hatte nun eine bestimmte Art von Fuhren auszuführen. Es gab Erz-, Schicht-, Stein-, Holzkohlen- und Holzmaterialien-Fuhren. Ferner waren Eisen und dergleichen Produkte (Blei, Silber) nach den Factoreien und Berghandlungsiederlassungen zu schaffen; sodann mußten die vielen Forstmaterialien den Empfängern zugeführt werden.

Außer den Pferden, die für die conz. Fuhrhaltung in Betracht kamen, wurden in einigen Fällen noch weitere Pferde gehalten, die Privatfuhren ausführten – Brennholz u.a.. […]

Besonders die Fuhrherren, die die Produkte Blei, Silber, Kupfer, fertiges Eisen, fertige Eisenwaren, Maschinenteile nach den Berghandlungsniederlagen, zu den Factoreien und andere Stellen zu schaffen hatten, hielten außer den conz. Pferden noch weitere Gespanne. Die Fahrten gingen weit über die Grenzen des Königreichs hinaus. Harburg, Hamburg, Frankfurt/Main, Essen, Hanau wurden angefahren. Hannover, Göttingen, Northeim, Nordhausen, Hildesheim und deren Umgebungen waren Hauptstationen. Auf den Rückwagen wurden Frachtgüter, Colonialwaren, Spirituosen, Tabak und sogar Seefische für die Kaufleute mitgebracht. Alt-Eisen und andere Materialien waren mitgebrachte Güter für die hiesigen Werke. Die Fahrten währten oft mehrere Wochen. Es passierte oft, daß Pferde nicht wieder mit zurückkamen. Auch Gespannführer fanden manchmanchmal den Tod auf der Landstraße. Man fuhr deshalb stets mit mehreren Gespannen.

Aus: Carl Bormann; Bergfuhrwesen im Oberharz, 1941 | Nachlass Anneliese Vasel

Im Bormannshaus stand eine alte Eisentruhe, von der erzählt wurde, sie sei mit auf Reisen gegangen und, bis zum Rand mit Talern gefüllt, zurückgekehrt. Die Taler verwandelten sich im Laufe der Krise in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts in das ungeduldige Papier von Schuldscheinen. Die Auftragslage hatte sich verändert.

untertage – übertage

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Daniel Flach | Grubengrundriß 1661 | Ausschnitt

Daniel Flach | Grubengrundriß 1661 | Ausschnitt

Der Ausschnitt aus dem „Grubengrundriß“ des Oberbergmeisters Daniel Flach aus dem Jahre 1661 – im Original 9,5 m lang und 1 m breit – zeigt die Schmelz- und Treibhütte in der Bergstadt Wildemann. In ihr wurde das, im Tiefen Wildemanns oder 13-Lachter-Stollen geförderte, Erz verhüttet und seit Mitte des 16. Jahrhunderts Silber und andere Metalle ausgebracht.

Rechts neben der Schmelzhütte, die links im Bildausschnitt durch rauchende Schornsteine erkennbar ist, steht das „Probierhaus“, in dem der Gehalt der Erze an Silber, Blei und Kupfer ermittelt wurde. Rechts im Vordergrund ist das „Kollen Hauß“ abgebildet, in dem die Holzkohle für die Verhüttung gelagert wurde.

Auf dem Hof der Wildemanner Hütte ist ein einspänniges Fuhrwerk mit einem typischen, bis ins 19. Jahrhundert im Oberharz verwendeten, zweirädrigem Karren dargestellt. Die Fuhrleute brachten die Holzkohle in den kipp- und schüttfähigen Kohlekarren von den damals noch zahlreichen Köhlerhütten im Oberharz zur Hütte. Die Besitzer von Fuhrbetrieben, die sich auf den Transport von Holzkohle spezialisiert hatten, nannten sich „Kohlenfuhrherren“.

Herbert Dennert; Der große Grubengrundriß des Oberbergmeisters und Markscheiders Daniel Flach von den Gruben und Wasserlösungs-Stollen auf dem Zellerfelder Hauptgange zwischen den Bergstädten Wildemann und Zellerfeld Anno 1661.

Herbert Dennert; Westfalia-Wandkalender 1975.

400 Jahre Buntenbock | 1615 – 2015 | Buntenböcker bei die Fische!

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Rutilus rutilus [Rotauge / Plötze / Schwal / Rotte] Public domain via Wikimedia Commons

Ein Streit der Männer von Buntenbock mit ihren Junkern

Von Friedrich Günther

In Buntenbock lag ein Fischteich, den die Junker von Berckefeld als ihr Eigentum, und zwar als ein Zubehör des von dem Forstmeister von Berckefeld zugekauften Quastschen Junkernhofes, ansahen: sie übten in ihm und von da abwärts in der Innerste bis an die Brücke bei der Mühle, die dem Herzoglichen Rate Dr. jur. Hund* gehörte, den Fischfang aus. Am 23. April 1624, als sie in den nächsten Tagen einige Reusen legten und fischen lassen wollten, wurde ihnen von Frevler-Hand der Teich aufgebrochen, sodaß die Fische zum größten Teil in die Innerste gingen.

Als die Nachricht hiervon nach Osterode zu den Brüdern von Berckefeld gelangte, kam einer von diesen, namens Heinrich, herauf, um die Schuldigen zu ermitteln. Kaum war er vom Pferde gestiegen, so bemerkt er zwei Jungen, die in seinem Gewässer fischten. „Wer hat Euch hier fischen heißen?“ rief er ihnen zu, zog seinen Degen und eilte herbei. Da rannten die Jungen davon. Aber vom nächsten Hofe kamen die Söhne des Henning Hille mit dicken Knüppeln herabgesetzt und drangen auf ihn auf.

Da sprang er zu seinem Pferde, schwang sich hinauf und wandte sich gegen seine Angreifer. „Wem gehören die Jungen?“ fragte er sie. Sie antworteten: „Henning Hille, unserm Vater“. „So verbiete ihnen, inskünftige hier wieder zu fischen!“ sagte der Junker, erhielt aber die Antwort: „Wer will uns das wehren, hier ein Gericht Fische zu fangen?“ Und als er sich auf seine Gerechtigkeit berief, erwiderten sie, wie weit die Bereckefelder Gerechtigkeit gehe, wisse ihr Vater am besten. Da hielt er ihnen die Pistole entgegen und rief: „Hiermit will ich Euch bald beweisen, wie weit meine Gerechtigkeit geht!“

Während dieses Wortwechsels hatte die Familie Hille das ganze Buntenbock zur Hilfe aufgerufen; von allen Seiten eilten die Männer mit ihren Büchsen herbei; ein Trupp besetzte den Berckefeldschen Junkernhof; ein zweiter drang auf den Junker ein, und eine dritte Schar lief der Brücke zu, um ihm den Weg zu verlegen. Obwohl ein „junger Kavalier voll Courage“ – er brachte es bis zum schwedischen Oberstleutnant – sah er, da man schon die Büchsen auf ihn anlegte, bei solcher Übermacht, die selbst einem Herkules, wie er schreibt, zu viel gewesen wäre, keinen anderen Ausweg als die Flucht. Mit „gewaltigem Rennen“ erreichte er soeben noch die Brücke und entkam.

Schon am folgenden Tage verklagten die Gebrüder Berckefeld die Buntenböcker bei „Landdrost, Kanzler und Räten“ zu Osterode und forderten Bestrafung der „Gewalttat“, damit sie diese nicht selbst „eifern und rächen“ müßten. Die Regierung forderte aber zunächst ihren „ehrsamen guten Gönner“ Henning Hille in einer Verfügung, die ihm und allen Buntenböckern der Oberförster Brauns vorlesen mußte – Buntenbock galt als Forstgemeinde – zum Gegenbericht auf. In diesem stellte Hille den Vorfall so dar, als sei der Junker der Angreifer gewesen: er hätte die beiden kleinen Knaben, die „in ihrer kindlichen Weise“ sich zu fischen unterfangen, mit der Hand oder mit der Rute strafen mögen; aber als er mit dem Degen auf sie zulief, hätten seine älteren Söhne die Kleinen schützen müssen.

Sodann behauptet er, daß „die Berckefelder“ kein Recht an der Fischerei hätten, dieses vielmehr dem Herzog zustehe; vom Herzog Wolfgang sei er einst gegen „ein Genanntes von Fischen“ mit der Aussicht über diese Wasser betraut und habe solches Amt jetzt 34 Jahre inne. Allerdings habe sich der Berghauptmann Sigismund Quast dieser Wasser „in etwas angemaßt“, das sei aber „wegen der Berghauptmannschaft“ ohne weitere Berechtigung geschehen. Die Berckefelder – so schließt er – glauben mit Drohung und Trotz alles durchsetzen zu können.

Nicht kleine Kinder, die man mit der Rute zwingt, erwidern die Junker, sondern „starke, erwachsene Lecker“ waren es, die in ihrem Wasser fischten. Auf sie konnte man „billig etwas stärker einreden“; aber Leid ist ihnen nicht geschehen. Auf Anstiften feindhässiger Leute ist nun der alte Hille mit seinen Söhnen am zweiten Pfingsttage gar mit bewehrter Hand in das Berckefeldsche Fischwasser auf der Innerste eingefallen und hat es gänzlich ausgefischt und verwüstet.

Ihre Fischereiberechtigung behaupten sie mit dem Hinweise, daß nicht nur der Berghauptmann Sigismund Quast, sondern auch dessen Sohn Ernst und dann der Marschall Rudolf Quast, und ebenso ihr Vater Jobst von Berckefeld, der alle Quastschen Güter von Rudolfs Erben, den Herrn von Rauchwitz, kaufte, bis an seinen Tod unangefochten und ruhig die Fischerei ausgeübt und allen, die sich sonst des Fischens unterfangen, Reusen und Hamen abgepfändet habe.

Inbegriff ihrer Bedrohung des Junkers Heinrich scheinen die Buntenböcker straflos ausgegangen zu sein; aber es wurde von der Kanzel öffentlich abgelesen, daß sich jedermann des Fischens zu enthalten habe.  – Nun fischten alle Buntenböcker, nicht nur die Familie Hille; bald beteiligten sich auch die Clausthaler und andere (wahrscheinlich wohl die Lerbacher) daran.; ja, auch das Bergamt in Clausthal machte Ansprüche geltend und übte sie aus.

Da legten am 27. Mai 1625 die gesamten Erben Jobst von Berckefelds, seine Witwe und die Kinder, dagegen eingehend, Rechtsverwahrung ein und forderten Schutz in ihrem ersessenen Recht bis dahin, daß jemand ein besseres Recht erwirkt und erstritten hätte. Irgend welche Urkunde konnte von keiner Seite vorgelegt werden. Der Oberförster Aschen Adrian Brauns zu Osterode ermittelte nur Folgendes: Der Vater des alten Henning Hille war herzoglicher Fischer für die „Hegewasser“ bei Buntenbock gewesen, zu denen die streitigen Wasser gehörten. Wenn zu dessen Zeiten der Herzog auf dem Oberharze jagte, wurden diese Hegewasser gefischt und die Fische in die herzogliche Küche in Clausthal geschafft. Im übrigen fischte nur der Berghauptmann Quast, und da er des Herzogs „vornehmer Diener“ war, „hat man es so genau mit ihm nicht nehmen können“. Der ganze an den Landdrosten gerichtete Bericht des Oberförsters stützt sich aber auf nichts, als auf die Aussagen Henning Hilles. –

Überraschend ist, wie ich zum Schluss bemerke, die Angaben Brauns, daß der genannte Berghauptmann „uffm Buntenbocke“ gewohnt habe. Da er ihn aber irrig Ernst nennt, so hat er sich vielleicht auch in jenem Punkte geirrt.

Friedrich Günther, Kolumne: Aus der Heimatkunde 2., in: Öffentliche Anzeiger für den Harz, Nr. 88, Clausthal 1907 – Nachlass Carl Bormann.

* Dr. Johannes Hundt war ab 1619 als Landdrost für das Herzogtum Grubenhagen tätig. Quelle: Hans-Joachim von der Ohe; Die Zentral- und Hofverwaltung des Fürstentums Lüneburg Celle und ihre Beamten. 1520-1648. – Celle: Pohl 1955. XIV, 272 S. 8°, S. 51. anders Henning Calvör 1765.