„… un ich gläb, daß ‚r uns noch Alle iwerlahm wärd“

„Fuhrmannsleben.“ Holzstich nach Ernst Fröhlich 1849. Münchener Bilderbogen Nr. 24. – 11. Auflage

Es ging änfach har friher, vil ähnfacher wie inzunt. Vielerlä Ahnschprich, die heiting

Tohks geschtellt waren, kännte mr darzeit gar net. Wärd jetzt meh verdient, su is ahch alles viel theirer geworr’n un manning Familingvoter wärds viel schwärer wie frieher, seine Einnahme mit dn Ausgohm in Änklang zu bränge. Mr wolln ower net fahn, daß es in dar alten Zeit dorchwack besser gewasen wär – nä, jeder Schtand is vorwarts gekumme in seiner gansen Lahmshaltung, in seiner Bildung un – in seiner Zufriedenhät, wenn ahch heite noch genung geknorrt wärd. Dos leit su in dr menschling Natur, un es mohg su lächt Kän‘ gahn, dar do saht: Su, ich bin nu zufrieden, ich will nischt meh! Dos is ahch gar net nethig; es derf blus dos Verlange, wie’s su oft geschieht, net ausarten.

Ä Wärthshaus in jänner Zeit war bunte belabt wie heite. De Eisenbahn hatte noch viel Platz, sich auszudehne; in de Geberge hatte se ihren Wahk noch su gut wie gar net genumme. Un unner Harz war äus von dan letzten mit, wu de Eisenbahn ihre Schiene hinschtreckte. Zuärscht schichtern drimrim, schpäter nohch Clasthol-Zallerfall nauf und endlich hot se gar du Brocken-Voter bezwunge. Hoffentoich wärds nu ahch net lang meh dauern, daß de Schiene von Clasthol-Zallerfall wätter wachsen un dan rachten Wahk nohch dr Altenah änschlahn, wu se ähngtlich freidiger aufgenumme waren mißten, als wenn se von dr Oker raufkäme. Un dn Wahk dorring Okerthol wärd de Bahn denn wull ahch balle finden. Eisenbahne han mr ju, gena genumme, all viele viele Jahr friher gehatt – se kunnten sich freilich mit dan jetzing net massen, wenn se for dn Barkbetrieb ahch geniegten: ich män unnern klän alten Hundslaaf, dar bei uns all Jahrhunnerte in Gebrauch is; blus, daß de Wohng kläner sän un daß Menschenhänd, kä Damp oder elektrischer Schtrom dos kläne eiserne Kastel bewagt. Hart hot sich doch net verdränge losen, un ich gläb, daß ‚r uns noch Alle iwerlahm wärd.

Weil dr Harz nu friher ahm su gut wos brauchte un sawerzierte wie jetzt, su war dr Frachtverkähr natierlich viel gresser un es Fuhrwasen hatte dozumol noch seine gillne Zeit. In su än Wärthshaus gängs aus un än.; de Frachtersch schpannten aus un loschierten iwer Nacht, annere futterten blus ihre Pfare un sich salwer un zuhng denn wätter. Dar gruße Schpankorb wur, wenn de Pfare ihr Racht hatten un de Fuhrleit sich net epper wos zu Assen beschtellten, von Wohng mit in dr Gastschtub reingebrocht un bei Schnaps un Sießbier oder ahch äner grußen Kann‘ Kaffee wur denn ower ’neingehaun, daß es ne Art hatte. De Towerkiep war for gewehnlich gut geschtoppt, ä gruß Schinkenschtick ower Schpack un harte Worscht war mehrschtens drinne, de Butter un es Schmals schteckten in äner grußen Holsbichs un von dan schwarzen kräfting Brud wur mit dn Taschenmast ä Kniewel nohng annern obgeschnieten.

Disse Leit waren ahch alle gut zu Fuß unner dr Nos, un wenn se gegassen un getrunken hatten, un an dan grußen Kachelufen, wu von dr Kich aus immer gleich halwe Schtuken neingeschuhm wuren, aufgethaut waren, wur de korze Pfeif, die unnern blae Kittel in dr Brusttasch schteckte, rausgekriegt, der laderne Towaksbeitel an dr Schnerr aufgezuhng, un denn äne geschtoppt un gequalmt, wos es Zeig halten wollte. Denn warsch in dr Schtub balle su äne schtickige Luft, doß mr kaum än erkänne kunnte. Disse rauhng Geselln markten doch nischt drvon, in Gehngthäl, se waren verkniegt un verzehlten sich ihre Erlabnisse. Un dos war wos for uns! Wie han mir da niwe zugehärt, denn es waren doch net blus Harzer Fuhrleit, nä, aus aller Walt waren se oft bunt dorchänanner. Wos verzehlten die alle, wie’s oft dar grußen Heerschtroß harging, von Iwerfäll, Raub un Schtacherei. Se hatten immer wos Neies.

Ey, Hermann; Erinnerunge aus alter Zeit. Von än alten Clastholer (Erschter Thäl), Clausthal 1907. Sonderabdruck aus den „Öffentlichen Anzeigen für den Harz“. Druck und Verlag der Pieper’schen Buchdruckerei (Bruno Reiche).

›Ein jeder hinter seinen Karren, und den Hahnen gespannt!‹

Anno 1536 bekam er einen Sohn, der hieß Reinhard Stilling; dieser war mein Urgroßvater. Er war ein stiller eingezogener Mann, der jedermann Gutes tat; er heuratete im 50sten Jahr eine ganz junge Frau, mit der er viele Kinder hatte; in seinem 60sten Jahr gebar ihm (d.i. seine Frau einen Sohn, den Henrich Stilling, der mein Großvater gewesen. Er war 1596 geboren, er wurde 101 Jahr‘ alt, daher hab ich ihn noch eben gekannt. Dieser Henrich war ein sehr lebhafter Mann, kaufte sich in seiner Jugend ein Pferd, wurde ein Fuhrmann und fuhr nach Braunschweig, Brabant und Sachsen. Er war ein Schirrmeister, hatte gemeiniglich 20 bis 30 Fuhrleute bei sich. Zu der Zeit waren die Räubereien noch sehr im Gange, und noch wenig Wirtshäuser an den Straßen; daher nahmen die Fuhrleute Proviant mit sich. Des Abends stellten sie die Karren in einen Kreis herum, so daß einer an den andern stieß; die Pferde stellten sie mitten ein, und mein Großvater mit den Fuhrleuten waren bei ihnen. Wann sie dann gefüttert hatten, so rief er: ›Zum Gebet, ihr Nachbarn!‹ dann kamen sie alle, und Henrich Stilling betete sehr ernstlich zu Gott. Einer von ihnen hielt die Wache, und die anderen krochen unter ihre Karren ans Trockne, und schliefen. Sie führten aber immer scharf geladen Gewehr‘ und gute Säbel bei sich. Nun trug es sich einmal zu, daß mein Großvater selbst die Wache hatte; sie lagen im Hessenland auf einer Wiesen, ihrer waren sechsundzwanzig starke Männer. Gegen eilf Uhr des Abends hörte er einige Pferde auf der Wiese reiten; er weckte in der Stille alle Fuhrleute und stund hinter seinem Karren. Henrich Stilling aber lag auf seinen Knien, und betete bei sich selbst ernstlich. Endlich stieg er auf seinen Karren, und sah umher. Es war genug Licht, so, daß der Mond eben untergehen wollte. Da sah er ungefähr zwanzig Männer zu Pferd, wie sie abstiegen und leise auf die Karren losgingen. Er kroch wieder herab, ging unter die Karre, damit sie ihn nicht sähen, gab aber wohl acht was sie anfingen. Die Räuber gingen rund um die Wagenburg herum, und als sie keinen Eingang fanden, fingen sie an, an einem Karren zu ziehen. Stilling, sobald er das sah, rief: ›Im Namen Gottes schießt!‹ Ein jeder von den Fuhrleuten hatte den Hahnen aufgezogen und schossen unter den Karren heraus, so daß der Räuber sofort sechse niedersunken; die andern Räuber erschraken, zogen sich ein wenig zurück und redeten zusammen. Die Fuhrleute luden wieder ihre Flinten; nun sagte Stilling, ›Gebt acht, wenn sie wieder näher kommen, denn schießt!‹ Sie kamen aber nicht, sondern ritten fort. Die Fuhrleute spannten mit Tagesanbruch wieder an, und fuhren weiter; ein jeder trug seine geladne Flinte und seinen Degen, denn sie waren nicht sicher. Des Vormittags sahen sie aus einem Wald wieder einige Reuter auf sie zuzeiten. Stilling fuhr zuförderst, und die andern alle hinter ihm her. Da rief er: ›Ein jeder hinter seinen Karren, und den Hahnen gespannt!‹ Die Reuter hielten stille; der vornehmste unter ihnen ritt allein auf sie zu, ohne Gewehr, und rief: ›Schirrmeister, hervor!‹ Mein Großvater trat hervor, die Flinte in der Hand und den Degen unterm Arm. ›Wir kommen als Freunde‹, rief der Reuter. Henrich traute nicht und stund da. Der Reuter stieg ab, bot ihm die Hand und fragte: ›Seid ihr verwichene Nacht von Räubern angegriffen worden?‹ ›Ja‹, antwortete mein Großvater, ›nicht weit von Hirschfeld auf einer Wiese.‹ ›Recht so‹, antwortete der Reuter, ›wir haben sie verfolgt, und kamen eben bei der Wiese an, wie sie fortjagten und ihr einigen das Licht ausgeblasen hattet; ihr seid wackre Leute.‹ Stilling fragte, wer er wäre? der Reuter antwortete: ›Ich bin der Graf von Wittgenstein, ich will euch zehn Reuter zum Geleit mitgeben, denn ich habe doch Mannschaft genug dort hinten im Walde bei mir.‹ Stilling nahm’s an, und akkordierte mit dem Grafen, wieviel er ihm jährlich geben sollte, wenn er ihn immer durchs Hessische geleitete. Der Graf gelobt’s ihm, und die Fuhrleute fuhren nach Hause.

Aus: Johann Heinrich Jung-Stilling; Henrich Stillings Jugend, Jünglingsjahre, Wanderschaft und häusliches Leben, Stuttgart (Reclam) 1997, Kapitel 8.

Feldlager im 16. Jhd. Faksimile der Radierung von Jost Amman (1531-1591); eingescannt aus: Henne am Rhyn, Dr. Otto: Kulturgeschichte des deutschen Volkes, Erster Band, Berlin, 1897., S. 482. Quelle: Wikimedia Commons.

Holz zu jeder Jahreszeit

Holzfuhr im Winter – hier für den Eigenbedarf – Aufnahme um 1900 bei Buntenbock.

Das Feuerholz wurde vor alters wie die Kohlen in zweiräderigen Karren gefahren, auf welchen statt des Korbes zwei niedrige Wagenleitern angebracht waren, zwischen denen das Holz aufrecht und hoch aufgetürmt stand. Ein solcher Karren faßte 2 alte Harzmalter à 30 Kubikfuß, also etwa 1 1/2 m. Auf den jetzigen Leiterwagen zieht ein Pferd 1 Harzmalter à 80 Kubikfuß = 2 m. Doch wird bei den besseren Waldwegen im Sommer meist zweispännig zu Walde gefahren. Ein großer Teil des Brennholzes muß indes „gerückt“ werden: es ist von steilen Berghängen durch ein tiefes Tal und wieder hoch hinauf zu schaffen, so daß den Zugtieren bis zum Beginn der Hochebene nur die halbe Ladung zugemutet werden kann.

Manche Forstorte liegen so ungünstig, daß die Abfuhr des Holzes vorteilhaft bis zu guter Schlittenbahn aufgeschoben wird. An frosthellen Wintertagen begegnen uns oft ganze Karawanen, und wir müssen, da ein anderes Ausweichen unmöglich und von Rohrs‘ Urteil über die Fuhrknechte (siehe S. 149) noch immer nicht ganz unzutreffend ist, uns seitwärts in den tiefen Schnee stellen, bis die letzten Schlitten vorüber sind.

Die einen fahren Schachtholz für die Gruben. Die langen, starken Fichten, denen nur die äußerste Spitze und die Zweige genommen sind, hat man mit dem Stammende zu Zweien oder Dreien auf dem „Knäbchen“, einem ganz kurzen, festen Schlitten, mittels Ketten befestigt, das Zopfende schleift aufdem Schnee und macht den Weg spiegelglatt. In dem schmalen Fahrgleise gehen die vor das Knäbchen gespannten Pferde hinter einander.

Andere Fuhrleute haben Brennholz geladen, und in langem Zuge, Schlitten hinter Schlitten, vor jedem ein Pferd, kommen sie dort über den Berg. Jetzt machen sie für einen Augenblick Halt. Der Atem der dampfenden Pferde wird sofort zu Reif. Um sich zu erwärmen, versuchen sich die Fuhrleute im Knallen, und weithin schallt’s wie Flintengeknatter durch den stillen Wald. Wenn die Pferde sich erholt haben, ziehen sie von selbst wieder an, und mit leisem Glockenklingen geht der Zug weiter.

Friedrich Günther; Der Harz, S. 547f. s. auch Karl Thiele, Fuhrleute.

„Jetzt stehen die Bergfuhrherren auf dem Aussterbeetat“

Christian Bormann, letzter ‚Fuhrherr‘ der Familie, vor dem Bormannshaus in Buntenbock, Aufnahme nach 1900. Christian Bormann trägt die klassische Fuhrherrentracht: Den weißen Kittel, schwarze Manchesterhosen mit Gamaschen, Schlapphut auf dem Kopf, Peitsche in der Rechten und die obligatorische Pfeife im Mund.

Auch das Fuhrwesen am Oberharze hat vor noch nicht zwei Jahrzehnten eine völlige Umgestaltung erfahren. Doch liegt der Grund hierfür nicht allein in der veränderten Waldnutzung, sondern zu größerem Teile in dem Fortfall der Erzfuhren ..

Die alten konzessionierten, pensionsberechtigten „Bergfuhrherren“ waren angesehene und wohlhabende Leute, die Tag für Tag dem vereinigten Berg- und Forstfiskus mit einer stattlichen Reihe von „Geschirren“ dienten. Wo Beamte in Uniform erschienen, namentlich aber Sonntags, wenn sie beim Forstmeister, ihrem nächsten Vorgesetzten, zusammenkamen, um Arbeitsanweisung und (auch für Privatfuhren gültige) Fuhrtaxe für die kommende Arbeitswoche entgegenzunehmen, da trugen sie mit Stolz ihren blendend weißen, sauber gearbeiteten langen Kittel (eine Bluse), der den feinen schwarzen Tuchrock völlig verdeckte.

Eine hohe Ehre aber war es ihnen, mit dem Berg- und Hüttenmann als dritte Gruppe an bergmännischen „Aufwartungen“ teilzunehmen und durch ihr kunstfertiges, minutenlang andauerndes Peitschenknallen, dessen Anfang und Ende ihnen durch an einem bestimmten Dachfenster des Amtshauses plötzlich auftauchendes und verschwindendes Licht signalisiert wurde, das Hurra und Glückauf jener zu verstärken. Auch wenn Deputationen an den höchsten Bergherrn zur Gratulation nach Hannover entsendet wurden, durften die Weißkittel neben der Puffjacke und dem Schurzfell nie fehlen, und ihr einem Schnellfeuer ähnliches Konzert erregte dort mehrfach solches Aufsehen, daß sie es zum zweitenmale aufführen mußten.

Jetzt stehen die Bergfuhrherren auf dem Aussterbeetat, und an ihre Stelle sind einfache „Fuhrunternehmer“ getreten.

Friedrich Günther; Der Harz in Geschichts-, Kultur- und Landschaftsbildern, Hannover 1888, S. 574.

 

untertage – übertage

Web-Daniel-Flach-Ausschnitt

Daniel Flach | Grubengrundriß 1661 | Ausschnitt

Daniel Flach | Grubengrundriß 1661 | Ausschnitt

Der Ausschnitt aus dem „Grubengrundriß“ des Oberbergmeisters Daniel Flach aus dem Jahre 1661 – im Original 9,5 m lang und 1 m breit – zeigt die Schmelz- und Treibhütte in der Bergstadt Wildemann. In ihr wurde das, im Tiefen Wildemanns oder 13-Lachter-Stollen geförderte, Erz verhüttet und seit Mitte des 16. Jahrhunderts Silber und andere Metalle ausgebracht.

Rechts neben der Schmelzhütte, die links im Bildausschnitt durch rauchende Schornsteine erkennbar ist, steht das „Probierhaus“, in dem der Gehalt der Erze an Silber, Blei und Kupfer ermittelt wurde. Rechts im Vordergrund ist das „Kollen Hauß“ abgebildet, in dem die Holzkohle für die Verhüttung gelagert wurde.

Auf dem Hof der Wildemanner Hütte ist ein einspänniges Fuhrwerk mit einem typischen, bis ins 19. Jahrhundert im Oberharz verwendeten, zweirädrigem Karren dargestellt. Die Fuhrleute brachten die Holzkohle in den kipp- und schüttfähigen Kohlekarren von den damals noch zahlreichen Köhlerhütten im Oberharz zur Hütte. Die Besitzer von Fuhrbetrieben, die sich auf den Transport von Holzkohle spezialisiert hatten, nannten sich „Kohlenfuhrherren“.

Herbert Dennert; Der große Grubengrundriß des Oberbergmeisters und Markscheiders Daniel Flach von den Gruben und Wasserlösungs-Stollen auf dem Zellerfelder Hauptgange zwischen den Bergstädten Wildemann und Zellerfeld Anno 1661.

Herbert Dennert; Westfalia-Wandkalender 1975.

400 Jahre Buntenbock | 1615 – 2015 | Buntenböcker bei die Fische!

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Ein Streit der Männer von Buntenbock mit ihren Junkern

Von Friedrich Günther

In Buntenbock lag ein Fischteich, den die Junker von Berckefeld als ihr Eigentum, und zwar als ein Zubehör des von dem Forstmeister von Berckefeld zugekauften Quastschen Junkernhofes, ansahen: sie übten in ihm und von da abwärts in der Innerste bis an die Brücke bei der Mühle, die dem Herzoglichen Rate Dr. jur. Hund* gehörte, den Fischfang aus. Am 23. April 1624, als sie in den nächsten Tagen einige Reusen legten und fischen lassen wollten, wurde ihnen von Frevler-Hand der Teich aufgebrochen, sodaß die Fische zum größten Teil in die Innerste gingen.

Als die Nachricht hiervon nach Osterode zu den Brüdern von Berckefeld gelangte, kam einer von diesen, namens Heinrich, herauf, um die Schuldigen zu ermitteln. Kaum war er vom Pferde gestiegen, so bemerkt er zwei Jungen, die in seinem Gewässer fischten. „Wer hat Euch hier fischen heißen?“ rief er ihnen zu, zog seinen Degen und eilte herbei. Da rannten die Jungen davon. Aber vom nächsten Hofe kamen die Söhne des Henning Hille mit dicken Knüppeln herabgesetzt und drangen auf ihn auf.

Da sprang er zu seinem Pferde, schwang sich hinauf und wandte sich gegen seine Angreifer. „Wem gehören die Jungen?“ fragte er sie. Sie antworteten: „Henning Hille, unserm Vater“. „So verbiete ihnen, inskünftige hier wieder zu fischen!“ sagte der Junker, erhielt aber die Antwort: „Wer will uns das wehren, hier ein Gericht Fische zu fangen?“ Und als er sich auf seine Gerechtigkeit berief, erwiderten sie, wie weit die Bereckefelder Gerechtigkeit gehe, wisse ihr Vater am besten. Da hielt er ihnen die Pistole entgegen und rief: „Hiermit will ich Euch bald beweisen, wie weit meine Gerechtigkeit geht!“

Während dieses Wortwechsels hatte die Familie Hille das ganze Buntenbock zur Hilfe aufgerufen; von allen Seiten eilten die Männer mit ihren Büchsen herbei; ein Trupp besetzte den Berckefeldschen Junkernhof; ein zweiter drang auf den Junker ein, und eine dritte Schar lief der Brücke zu, um ihm den Weg zu verlegen. Obwohl ein „junger Kavalier voll Courage“ – er brachte es bis zum schwedischen Oberstleutnant – sah er, da man schon die Büchsen auf ihn anlegte, bei solcher Übermacht, die selbst einem Herkules, wie er schreibt, zu viel gewesen wäre, keinen anderen Ausweg als die Flucht. Mit „gewaltigem Rennen“ erreichte er soeben noch die Brücke und entkam.

Schon am folgenden Tage verklagten die Gebrüder Berckefeld die Buntenböcker bei „Landdrost, Kanzler und Räten“ zu Osterode und forderten Bestrafung der „Gewalttat“, damit sie diese nicht selbst „eifern und rächen“ müßten. Die Regierung forderte aber zunächst ihren „ehrsamen guten Gönner“ Henning Hille in einer Verfügung, die ihm und allen Buntenböckern der Oberförster Brauns vorlesen mußte – Buntenbock galt als Forstgemeinde – zum Gegenbericht auf. In diesem stellte Hille den Vorfall so dar, als sei der Junker der Angreifer gewesen: er hätte die beiden kleinen Knaben, die „in ihrer kindlichen Weise“ sich zu fischen unterfangen, mit der Hand oder mit der Rute strafen mögen; aber als er mit dem Degen auf sie zulief, hätten seine älteren Söhne die Kleinen schützen müssen.

Sodann behauptet er, daß „die Berckefelder“ kein Recht an der Fischerei hätten, dieses vielmehr dem Herzog zustehe; vom Herzog Wolfgang sei er einst gegen „ein Genanntes von Fischen“ mit der Aussicht über diese Wasser betraut und habe solches Amt jetzt 34 Jahre inne. Allerdings habe sich der Berghauptmann Sigismund Quast dieser Wasser „in etwas angemaßt“, das sei aber „wegen der Berghauptmannschaft“ ohne weitere Berechtigung geschehen. Die Berckefelder – so schließt er – glauben mit Drohung und Trotz alles durchsetzen zu können.

Nicht kleine Kinder, die man mit der Rute zwingt, erwidern die Junker, sondern „starke, erwachsene Lecker“ waren es, die in ihrem Wasser fischten. Auf sie konnte man „billig etwas stärker einreden“; aber Leid ist ihnen nicht geschehen. Auf Anstiften feindhässiger Leute ist nun der alte Hille mit seinen Söhnen am zweiten Pfingsttage gar mit bewehrter Hand in das Berckefeldsche Fischwasser auf der Innerste eingefallen und hat es gänzlich ausgefischt und verwüstet.

Ihre Fischereiberechtigung behaupten sie mit dem Hinweise, daß nicht nur der Berghauptmann Sigismund Quast, sondern auch dessen Sohn Ernst und dann der Marschall Rudolf Quast, und ebenso ihr Vater Jobst von Berckefeld, der alle Quastschen Güter von Rudolfs Erben, den Herrn von Rauchwitz, kaufte, bis an seinen Tod unangefochten und ruhig die Fischerei ausgeübt und allen, die sich sonst des Fischens unterfangen, Reusen und Hamen abgepfändet habe.

Inbegriff ihrer Bedrohung des Junkers Heinrich scheinen die Buntenböcker straflos ausgegangen zu sein; aber es wurde von der Kanzel öffentlich abgelesen, daß sich jedermann des Fischens zu enthalten habe.  – Nun fischten alle Buntenböcker, nicht nur die Familie Hille; bald beteiligten sich auch die Clausthaler und andere (wahrscheinlich wohl die Lerbacher) daran.; ja, auch das Bergamt in Clausthal machte Ansprüche geltend und übte sie aus.

Da legten am 27. Mai 1625 die gesamten Erben Jobst von Berckefelds, seine Witwe und die Kinder, dagegen eingehend, Rechtsverwahrung ein und forderten Schutz in ihrem ersessenen Recht bis dahin, daß jemand ein besseres Recht erwirkt und erstritten hätte. Irgend welche Urkunde konnte von keiner Seite vorgelegt werden. Der Oberförster Aschen Adrian Brauns zu Osterode ermittelte nur Folgendes: Der Vater des alten Henning Hille war herzoglicher Fischer für die „Hegewasser“ bei Buntenbock gewesen, zu denen die streitigen Wasser gehörten. Wenn zu dessen Zeiten der Herzog auf dem Oberharze jagte, wurden diese Hegewasser gefischt und die Fische in die herzogliche Küche in Clausthal geschafft. Im übrigen fischte nur der Berghauptmann Quast, und da er des Herzogs „vornehmer Diener“ war, „hat man es so genau mit ihm nicht nehmen können“. Der ganze an den Landdrosten gerichtete Bericht des Oberförsters stützt sich aber auf nichts, als auf die Aussagen Henning Hilles. –

Überraschend ist, wie ich zum Schluss bemerke, die Angaben Brauns, daß der genannte Berghauptmann „uffm Buntenbocke“ gewohnt habe. Da er ihn aber irrig Ernst nennt, so hat er sich vielleicht auch in jenem Punkte geirrt.

Friedrich Günther, Kolumne: Aus der Heimatkunde 2., in: Öffentliche Anzeiger für den Harz, Nr. 88, Clausthal 1907 – Nachlass Carl Bormann.

* Dr. Johannes Hundt war ab 1619 als Landdrost für das Herzogtum Grubenhagen tätig. Quelle: Hans-Joachim von der Ohe; Die Zentral- und Hofverwaltung des Fürstentums Lüneburg Celle und ihre Beamten. 1520-1648. – Celle: Pohl 1955. XIV, 272 S. 8°, S. 51. anders Henning Calvör 1765.

1615-2015 | Zur Geschichte von Buntenbock

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Zur Geschichte von Buntenbock*

Friedrich Günther (1843-1912)

Die Mitteilungen, die ich über Buntenbock und insbesondere die beiden Junkernhöfe vor einigen Jahren in unseren „Öffentlichen Anzeigen“ machte, kann ich jetzt noch etwas weiter fortführen.**

Um das Jahr 1730 war der Oberhof im Besitze der Freiherren von Schlitz, genannt von Goertz (den Vorfahren der Grafen Goertz-Wrisberg), der Unterhof im Besitze der Familie von Westerhagen.

Im Jahre 1737 wurden von den Berghauptleuten Diede zum Fürstenstein und v. Alvensleben eingehende Ermittlungen über den Umfang der Rechte der beiden adligen Meiereien angestellt. Doch fanden sich darüber weder in den Akten der Bergverwaltung, noch in der Forstregistratur irgend welche Aufzeichnungen, und die Akten der vormaligen Regierung und Kanzlei zu Osterode waren bei der Auflösung im Jahre 1688 (nach dem Tode des Landdrosten von Witzendorff) nach Hannover geschafft. So viel aber stand fest, daß beide Höfe alle adlige Freiheiten genossen, zu den Gemeindelasten nicht beitrugen, weder den „Haustaler“, noch den Wiesenzins zahlten und befugt waren, zu eigenem Bedarf Bier zu brauen, auch ihr eigenes und Mietvieh durch einen besonderen Hirten und zwar in „Vortrift“ vor der Herde der Gemeinde weiden zu lassen.

Die Besoldung des Lehrers war damals in der Weise aufgebracht, daß wöchentlich von jeder Feuerstätte (jedem Wohnhause“ eine bestimmte Zahlung erfolgte. Auch hiervon waren die Junkernhöfe frei, doch hielt die Behörde für billig, daß die Bewohner der Höfe dem „Informator“ eine Vergütung zahlten, wenn sie Kinder in die Gemeindeschule schickten.

Im Jahre 1742 war Bastian Barth der Eigentümer des Unterhofes, 1748 wird er Johann Bastian genannt. Sein Sohn und Nachfolger Heinrich Bastian Barth mußte sich 1763 Schulden halber entschließen, den Hof zu verkaufen. Das Höchstgebot (nämlich 2100 Taler in seinen 2/3 Stücken (Gulden) machte der Meier Reinhard in Kamschlacken. Doch übernahm den Hof für diesen Preis Barts künftiger Schwiegersohn Johann Friedrich Gärtner; der Kaufbrief wurde am 22. Dezember 1763 abgeschlossen.

In der Familie Gärtner verblieb nun der Unterhof. Zu diesem gehörte das 38 Morgen große untere Junkernfeld. Im Jahre 1829 aber verkaufte der damalige Eigentümer Wilhelm Gärtner davon die nach der Ziegelhütte hin gelegenen 21 Morgen*** in 7 Parzellen à 2 bis 4 Morgen, so daß bei dem Hofe nur 17 Morgen blieben. Zugleich verkaufte er an Heinrich Georg Gärtner einen Teil des Hauses, von oben herab 7 Sparren, einen Teil des Stalles in der Breite von drei Sparren, vom Hofraum den oberen Teil bis an die Gosse und vom Garten die Hälfte rechts nach dem Junkernfelde zu. Die verkauften Grundstücke gingen der adligen Freiheiten verlustig, und diese hafteten nun allein auf der Wilhelm Gärtner verbleibenden kleineren Hälfte des Unterhofes. – Im Jahre 1841 heißt der Kohlenfuhrmann Friedrich Gärtner Besitzer dieses Hofes. –

Den Oberhof verkaufte 1742 der Freiherr Karl zu Schlitz, genannt v. Goertz, Erb- und Gerichtsherr zu Rittmarshausen und des Gartegerichts (Kerstlingerorde und vier Dörfer) usw. dem Hirten Christian Müller aus Clausthal mit allem Zubehör, allen Rechten und Gerechtigkeiten samt Inventar für 1200 Taler, wovon 800 Taler bar, 400 bis zum 1. Mai 1743 zu zahlen waren. Die Urkunde über diesen „Erbkauf“ ist von Wrisbergholzen den 11. April 1742 datiert. Als Müller die Rate von 800 Taler sofort zahlte, wurde ihm der Hof übergeben, auch erhielt er alle Urkunden und Briefschaften ausgeliefert.

Die Genehmigung des Bergamtes zu diesem Verkaufe einzuholen, hatte der freiherrliche Gerichtsverwalter Scriba zu Rittmarshausen nicht für erforderlich gehalten, obwohl den adligen Herren der Buntenböcker Junkernhöfe wohl niemals die Gerichtsbarkeit auf diesen Höfen zugestanden hat. Da Buntenbock seit alters als Forstgemeinde galt, so erhob der Forstinspektor Frankenfeld zu Clausthal am 10. Dezember 1742 Einsprache gegen jenen Verkauf, doch da ältere Nachrichten fehlten, nur mit der Begründung, daß ohne besondere berhauptmannschaftliche Konzession auf dem Oberharze niemand Immobilien kaufen könnte, der nicht beim Berg- und Hüttenwerk diene. Es wurde hin und her verhandelt; auch daß Scriba am 21. Dezember 1745 riet, ältere Urkunden bei der Familie v. Westerhagen, der früheren Herrschaft des Unterhofes, zu suchen, brachte keine Klarheit.

Im Jahre 1748 war Johann Friedrich Hille anstatt des Hirten Müller der Eigentümer des Oberhofes. Der Kohlenfuhrmann Georg Julius Hille, der diesen Junkernhof 1841 besaß, wird sein Enkel sein.

Es ist nicht meine Absicht, die Geschichte der Junkernhöfe bis in die Gegenwart fortzuführen; deshalb bemerke ich nur noch, daß Georg Julius Hille und Friedrich Gärtner am 25. September 1842 nach langen Streitigkeiten mit der Gemeinde Buntenbock einen Vergleich schlossen, daß sie die Vortrift vor der Gemeindeherde nur noch auf den Wiesen ausüben wollten, die zwischen der Innerste, dem Prinzenteiche und dem Kohlenfahrwerge nach der Hütte liegen.

Den Weidestreitigkeiten, die zum Teil in Beleidigungen und Handgreiflichkeiten ausliefen, die mit Geld und Haft gestraft werden mußten, im einzelnen nachzugehen, ist nicht erquicklich. Sie reichen bis in die erste Zeit Buntenbocks zurück. Schon die Herren von Berkefeld haben z.B. einen Weideprozeß mit dem Zehntgegenschreiber Jobst Sellenstedt (der von 1668 bis 1674 auch Richter der Stadt Clausthal war) als dem Besitzer der Pixhaier Mühle und dem Besitzer der „Dr. Hunds-Mühle“ in Buntenbock geführt. Später treten immer von neuem – ich verfolge sie von 1766 bis 1816 – Klagen der Junkernhöfe und der Gemeinde auf, daß die Pferde der Buntenböcker Fruchttreiber ihnen die Grumt abweideten.

Um diesen Zweig der Beschäftigung in seiner Bedeutung hervorzuheben, gebe ich zum Schlusse ein Verzeichnis der Treiber im Jahre 1807.

Cyriax Schulze hatte 8 Pferde und 1 Fohlen

Friedrich Schulze hatte 7 Pferde

Heinrich Schulze hatte 5 Pferde

Cyriax Arend hatte 9 Pferde und 1 Fohlen

Ludwig Arend hatte 6 Pferde

Konrad Arend hatte 6 Pferde

Kaspar Deichmann hatte 5 Pferde und 2 Fohlen

Georg Bormann hatte 4 Pferde

______________________________________

= 50 Pferde und 4 Fohlen.

* Artikel von F. Günther in den Öffentlichen Anzeigen für den Harz, 1909, No 92; Ausschnitt in den Unterlagen von Carl Bormann.

** Öff. Anz. 1909, No 92; weitere Angaben 1906 No 76; 1907 No 88.

*** 6 Morgen, Bormann; 2 Morgen, Gärtner u. Gleichmann; 2 Morgen, Dietrich; 2 Morgen; Gärtner; 4 Morgen, Hille; 2 Morgen, Ebeling; 3 Morgen, Gleichmann.

Zaupff!

Endlich gehet quer durch diese Spindel der Schwenk Baum / woran man
die Pferde spannet / welche die Spille oder Spindel herum treiben.
Wenn denn eine Tonne herauf gewunden / und ausgestuͤrzet worden /
ruffet der Ausrichter / oder der Berg-Mann / so Achtung hiebet / daß
die Tonnen nicht an einander haken / sondern unverhindert in dem
Schacht auf und nieder gehen: Zaupff! welches das Zeichen ist /
daß der Fuhr-Mann die Pferde zuruͤck treiben soll / damit die ledige
Tonne wieder hinunter / und die angefuͤllte wieder herauf kommen
koͤnne.

Behrens, Georg Henning: Hercynia Curiosa, oder Curiöser Hartz-Wald.
Nordhausen, 1703, S. 172.

Der Göpel

 Lauta: Blick auf den rekonstruierten offenen Pferdegöpel am "Rudolphschacht". Fotograf: Norbert Kaiser | Wikimedia Commons

Lauta: Blick auf den rekonstruierten offenen Pferdegöpel am „Rudolphschacht“. Fotograf: Norbert Kaiser | Wikimedia Commons