
1821. Octbr. 29. K. Georg IV. zu Rotenkirchen.
Am nemlichen Tage (den 29. Oct.) war daselbst auch eine Deputation vom Harze angelanget und in den Dörfern Dörrigsen und Edemissen einquartirt worden. Diese bestand außer den Herren: Vice. Berghauptmann von Reden, dessen beyden kleinen Söhnen, (wie die übrigen in Uniform der Bergbeamten gekleidet,) Zehndtner Schwake und mehreren Andern, aus ungefähr 200 s.g. Hüttenleuten, eben so vielen eigentlichen Bergleuten und 50 Fuhrherren. Gegen 7 Uhr Abends versammelten sie sich im Fasanerie-Garten des Schlosses und zogen dann um 8 Uhr mit ihren Bergmusicis, vormals Bergsänger genannt, an der Spitze in den Park hinter dem Schlosse. – Alle Bergleute trugen ein schwarzes parchendnes Berghabit, eine weiße Weste, Kappe und ihr Schurzfell hinten; die Hüttenleute kurze weiße leinene Kittel und Kappen, nebst dem Schurzfell vorn; so wie die Uniform der höchsten und höhern Berg-Officianten aus schwarzen Fracks, ähnlichen Beinkleidern, weißen Westen und grünen Sammet-Kappen mit einem kleinen Schilde bestand. Außer ihren Geräthschaften, mit welchen sie täglich arbeiten, trugen die Bergleute noch ihre brennenden Grubenlichter und die Hüttenleute angezündete Fackeln in der Hand; so wie die Fuhrherren ihre Peitschen. Die höhern Berg-Officianten wurden bald darauf Sr. Königl. Majestät vorgestellt. Se. Königl. Majestät befanden Sich nebst Allerhöchstdero Durchlauchtigen Geschwistern und dem übrigen Personale Ihrer nächsten Umgebung in einem Saale des Schlosses, aus dessen Fenstern man den Park übersehen kann. Wie der Zug unter Musik daselbst angekommen war, theilten sich die Mitglieder desselben in mehrere Gruppen, von welchen die höhern Berg-Officianten – denen sich auch das hier aus der Umgegend versammelte Forstpersonale anschloß – mit den Bergmusicis unter die Fenster jenes Saales traten.
Diesem grade gegenüber, am jenseitigen Ufer des großen Bassins, welches nahe an das Schloß reicht, stellten sich die Hüttenleute mit ihren Fackeln in einer langen Reihe auf, und umzingelten auf diese Weise das ganze jenseitige Ufer des Teichs.
Von diesem Teiche rechts in dem Bosquet nahmen die Bergleute ihren Stand; welches durch die Beleuchtung mittelst der Grubenlichter einen magischen Anblick mit mannigfaltigen Schattirungen, durch die noch belaubten Bäume, gewährte.
Links am Bassin standen die Fuhrherren.
Nun spielten die Bergmusici mehrere Harz-Walzer, Märsche und begleiteten dann auf Befehl des H. General-Gouverneurs, wie Sich Se. Königl. Hoheit unter die Harzer begaben, mehrere von den Bergleuten im Harzdialekte gesungene und bey denselben beliebte Volkslieder. – Abwechselnd in den Pausen der Musik ertönte dann von den Bergleuten Sr. Königl. Maj. Ein Lebe hoch! Und von dem Forstpersonale ein Hoh ri do! – Diess Lebehoch wurde jedesmal von den Fuhrherren mit einem Klatschen ihrer Peitschen begleitet. – Dieses wurde mit einer solchen Fertigkeit und Schnelle ausgeführt, daß man es mit dem schnellsten ununterbrochenen Rasseln und Knistern vergleichen könnte; denn anders läßt es sich nicht beschreiben und mit dem gewöhnlichen Peitschen-Geklatsche oder Knallen der Fuhrleute hattes es gar keine Aehnlichkeit. – Auch gewöhrte das Schwenken der Fackeln, mit welchem die Hüttenleute das Lebehoch jedes Mal begleiteten, wegen Reflexion der Lichtstrahlen in dem Wasserspiegel, einen eigenen, aber unbeschreiblich schönen Anblick; zumal da die Träger dieser Fackeln solche nach einem regelmäßigen Tacte schwenkten, so, daß wenn Einer z.B. seine Fackel hob, sie sein Nebenmann senkte. Da nun dieses stets gegen das Bassin zu gerichtet war, so spiegelten sich die Flammen in dem Wasser und es verdoppelte sich auf diese Art scheinbar die Anzahl der Fackeln.
Während dieses geschah, verließen Se. Majestät niemals das offene Fenster und begrüßten die frohlockenden Harzer auf das leutseligste, welche „Ihrem guten Könige“ an diesem Abende folgendes Gedicht überreichten: „Die Bewohner des Harzes ihrem guten Könige.“
(Vom H. Amtsassessor Dr. Blumenhagen.)
„Auf jenen Höhen, die der Wald bekränzet,
Die rauhe Stürme vor der Zeit entlaubt,
Wo, selten von der Sonne Strahl beglänzet,
Dem Frühling seine Blüthen sind geraubt,
Wo spät der Winter, früh der Sommer endet,
Und kärglich nur der Herbst die Gaben spendet:
Da lebet, Deiner Väter Stamm ergeben,
Ein armes, treues Volk seit alter Zeit,
Das nimmer sich für Sold dahingegeben,
Das Blut und Kräfte seinem Fürsten weih’t,
Das, fest wie Felsen, welche es umragen,
Nicht wankt, wenn alle Andere verzagen …
(…)
Erhab’ner König! Wolle uns erhören,
Erhalt‘ uns Deiner Gnade Hoffnungs-Stern,
Dann wird kein Unfall unser Glück zerstören,
Dann bleibt das Leiden unsern Hütten fern.
Beschütze Deines Harzes alte Rechte,
Beschütze Deine Berge, Deine Schächte.
Und wolle bald in uns’rer Mitte weilen,
Du findest Herzen, redlich, treu und fest;
Der Harzer Schaar, die nimmer von Dir läßt,
Wird fröhlich jubelnd Dir entgegen eilen:
Vom Berg‘ herunter, aus der Kluft herauf,
Tön’t biedrer Bergmannss-Gruß:
Glück auf! Glück auf!
Die huldvolle Güte, womit Se. Maj. Dieses Gedicht entgegen zu nehmen geruhten, war diesen biedern Kindern des Harzwaldes ganz etwas unerwartetes, manchem Greise unter denselben entlockte sie Thränen. Ihr Enthusiasmus überstieg aber alle Gränzen nd jede Beschreibung, wie der überaus leutselige Monarch mit der früher erwähnten silbernen Bergkanne ans Fenster trat, Sich hinauslehnte und ausrief:
„Meine lieben Kinder, Glück auf!“
und dann auf ihr Wohl aus der Kanne trank. Ein einstimmiges Lebehoch! Und Glück auf! – welches aus dem Munde dieser Bergleute in ihrem Harzdialecte so treuherzig klingt im Ohre des ungewohnten Hörers, – und das Ho ri do! Des Forstpersonals erschallete, und erneuete sich unter dem Peitschen-Rasseln der Fuhrherren und dem beschriebenen Fackelschwingen unzählige Male bis gegen 11 Uhr sich die ganze Versammlung wieder in Bewegung setzte und unter dem Blasen eines muntern Jäger-Marsches zu den ihr angewiesenen Nachtquartieren heimzog. …
Heinrich Dittmer; Authentische und vollständige Beschreibung aller Feyerlichkeiten welche in dem Hannoverschen Lande bey der Anwesenheit Seiner Königl. Majestät Georgs des Vierten während dem Monate October 1821 veranstaltet worden sind. Verziert mit dem ähnlichen Portrait Sr. Königl. Majestät, Georg IV., und ein und zwanzig treuen Abbildungen. Nebst einer Zugabe: Rückblicke auf ähnliche Volksfeste der Hannoveraner im 18ten Jahrhunderte. Zusammengetragen und herausgegeben von Heinrich Dittmer, Med. Dr. und K. Hannöv. Pensionirtem Militair-Wundarzte. Hannover 1822, beym Herausgeber, S. 246ff.
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