Kleine Chronik der Buntenböcker Schmiede

Von Anneliese Vasel*

Daß in Buntenbock, dem ehemaligen Dorf der Fuhrleute, eine Hufschmiede existiert haben muß, setzt man als selbstverständlich voraus. Und tatsächlich wissen die meisten Einwohner auch heute noch, wo man früher die Pferde beschlagen ließ, weil der Hausname des Hauses Am Brink 10 daran erinnert.

Leider gibt es keine schriftlichen Quellen über das Gründungsdatum der Schmiede. Doch an Hand von Seelenregistern und Häuserlisten aus dem 17. und 18. Jahrhundert läßt sich annähernd berechnen, wann hier der erste Hufschmied seine Arbeit aufnahm.

In einer Kriegssteuerliste von 1623 fehlt der Hinweis auf einen Schmied noch ganz, obwohl an sonstigen Berufen schon sind: Ein Bäcker, ein Köhler, ein Holzflößer, zwei Holzhauer, fünf Fuhrleute. Auch 1676, als die Mannspersonen und das Vieh von Buntenbock gezählt werden, sucht man unter den 25 Hausbesitzern vergeblich nach einem Schmied. Erst um 1680 scheint der Ort für einen Hufschmied, der aus einer Clausthaler Familie von Schmieden stammt, interessant geworden zu sein, denn 1682 wird im Kirchenbuch in Clausthal die Heirat des Hufschmiedes Jürgen Finke mit einer Margarethe Magdalene Gärtner eingetragen.

Dieser Jürgen Finke wird dann später im Kirchenbuch anlässlich der Geburtseintragungen für seine Kinder „Hufschmied von Buntenbock“ genannt. Er wird es auch gewesen sein, der das abgebildete Schmiedegebäude gegenüber dem Wohnhaus errichtete. Es ist anzunehmen, daß das Wohnhaus schon einige Jahrzehnte früher gebaut wurde.

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Als Jürgen Finke 1722 stirbt, ist sein Sohn Michael Heinrich Finke soweit, das Schmiedehandwerk fortzuführen. Er heiratet wenige Wochen nach dem Tode des Vaters eine der fünf Töchter des Kornhändlers Hüddersen. Besitzerin des Hauses und der Schmiede aber bleibt zunächst noch die Mutter, so jedenfalls geht es aus einer Einwohnerliste von 1729 hervor.

Aus der Ehe gehen 7 Kinder hervor. Die beiden Söhne erlernen das gleiche Handwerk wie der Vater, so daß der ältere von beiden, Heinrich Adam, schon bald nach dem frühen Tod des Michael Heinrich Finke im Jahr 1746 den Betrieb übernehmen kann.

Als dann im Mai 1766 Wilhelm Friedrich von Uslar damit beginnt, auch für Buntenbock die Besitzverhältnisse der gegen Feuer versicherten Häuser im sogenannten Lagerbuch schriftlich festzuhalten, erscheint für die Schmiede ein neuer Besitzername, aber auch die Finkes bleiben nicht unerwähnt. Die Erklärung für die Namensänderung war leicht zu finden: die Heirat einer Finketochter mit einem Schmiedegesellen Johann Sigmund Ludewig.

Dieser Johann Sigmund Ludewig stammte aus Liegesitz in Schlesien, wo sein Vater schon das gleiche Handwerk ausgeübt hatte. Er heiratet 1760 Margaretha Christina Finke und erwirbt ein Jahr später die Schmiede mit Haus und 5 Gartenplätzen sowie den dazugehörigen Stall für 700 Taler von seinem Schwager Heinrich Adam Finke.

Warum der erst 32jährige Hufschmied Finke die Schmiede an den zugewanderten Ludewig verkauft hat, geht aus den Lagerbucheintragungen nicht hervor. Herauszufinden war lediglich, daß er mit seiner Familie in Buntenbock als Hausgenosse eines anderen Schwagers, des Fuhrherrn Johann Heinrich Kayser, wohnen bleibt.

Das 18. Jahrhundert gilt als Blütezeit des Dorfes Buntenbock. Daß dem tatsächlich so war, läßt sich immer wieder an Einzelschicksalen jener Zeit ablesen, so auch an den wenigen biographischen Daten, die es von Johann Sigmund Ludewig gibt. So findet man seinen Namen 1790 auch in den Lerbacher Akten als Erbauer einer Hufschmiede unterhalb der Lerbacher Mühle.

Mit dem Bau der neuen Hufschmiede in Lenbach mag er zweierlei Ziele verfolgt haben. Einmal wird er erkannt haben, daß der Bau der Lerbacher Eisenhütte einen größeren Bedarf an Fuhrwerken in Lenbach zur Folge hatte, zum anderen scheint er auch die Absicht gehabt zu haben, einem jüngeren Bruder seiner Frau eine berufliche Chance zu geben. Im Jahre 1787 findet man diesen Schmiedeburschen schon als unverheirateten Hausgenossen von 46 Jahren bei dem Lerbacher Müller Lindner eingetragen.

Die Schmiede und das Wohnhaus in Buntenbock übergibt Johann Sigmund Ludwig schon 1793 für 800 Taler an seinen Sohn Heinrich Carl Ferdinand Ludwig, der dem Vater Wohnrecht und Nahrung bis Lebensende zugestehen muß. Die kleine Schmiede in Lenbach bleibt noch im Besitz des alten Schmiedemeisters Ludwig. Erst nach dessen Tode wird sie ebenfalls dem jungen Hufschmied in Buntenbock zugeschrieben mit der Auflage, seinen Onkel Christian Finke zeitlebens Nießnutz zu gewähren.

Doch Carl Heinrich Ferdinand Ludwig stirbt früh, noch nicht 35 Jahre alt, und hinterlässt eine junge Witwe mit 5 Kindern. Nach einem Jahr Witwenschaft heiratet die junge Frau, eine geborene Hille aus Buntenbock, wieder. Der sehr viel jüngere Ehemann stammt aus der Schmiedefamilie Jürgen in Gieboldehausen. Am 15. August 1804 nimmt er „das Grundstück für den taxierten Wert“ an und muß für alle Gebäude, Wiesen und Gärten und die Schmiede in Lenbach 1500 Taler bezahlen.

Aus dieser zweiten Ehe gehen 4 Töchter hervor, von denen zwei früh versterben. Der einzige Sohn aus beiden Ehen Ernst Carl Ferdinand Ludwig wird von seinem Stiefvater auch wieder zum Schmied ausgebildet und schon 1828 überlässt Franz Jürgen dem Stiefsohn die Schmiede mit dem gesamten Zubehör, sowie einer Kuh, für 1700 Taler.

Soviel läßt sich aus den Eintragungen im Lagerbuch ablesen. Ergänzend sollte hier erwähnt werden, daß es sich bei den Kaufgeldern fast immer um Darlehen der Buschischen Stiftung, der Altenquer Knappschaftskasse oder privater Geldverleiher handelt.

Der letzte Hufschmied von Buntenbock ist dann der Sohn des Ernst Carl Ferdinand Ludwig, der 1835 Augustine Philippine Thiele aus Buntenbock geheiratet hatte, gewesen. Mit dem Tod des Schmiedes Heinrich Carl August Ludwig im Jahre 1915 stirbt auch das Handwerk der Hufschmiede in Buntenbock.

Anneliese Vasel – Sommer 1989

* Anneliese Vasel, geb. Bormann (1938 – 1991), selbst Nachfahrin einer Buntenböcker Fuhrherrenfamilie, gehörte zu den ausgewiesenen Kennerinnen der Geschichte Buntenbocks. In zahlreichen Veröffentlichungen hat sie ihr Wissen der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Publikation dieses Textes erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Nachfahren von Anneliese Vasel. Ein herzlicher Dank an dieser Stelle!
Der  Artikel „Kleine Chronik der Buntenböcker Schmiede“ wurde erstmals veröffentlicht in: Allgemeinen Harz-Berg-Kalender für das Jahr 1990, Clausthal-Zellerfeld (Ed. Piepersche Buchdruckerei) 1989, S. 52f.

Abbildung: (c) Ernst Höhlein, Alte Schmiede Buntenbock, November 1989.