Man erlaubte sich bisher die so geringen Schichtlöhne, wahrscheinlich, weil den Bergleuten alle andere Art ihr Brod zu erwerben abgeschnitten ist, indem bekanntlich theils der Boden um Clausthal und Zellerfeld so unfruchtbar ist, daß nicht das geringst weder an Getraide noch Obst erbauet werden kann, theils auch, weil es geflissentlich verhindert wird, Ackerbau in dieser Gegend aufzubringen, um das Auskaufen von Stücken Feld zum Behuf des Bergbaues, das Rasenstechen und dergleichen nicht zu erschweren und zu vertheuren.*)
*) Ohngefähr zur Zeit des dreyßigjährigen Krieges wurden in einer Gegend vom Burgstädter Zuge herauf, die noch gegenwärtig am Haferberge heißt einige Wiesen zu Ackerland gemacht und mit Hafer besäet; allein dieser Ackerbau wurde bald nachher scharf verboten; und da im Jahre 1653 abermeils einige Leute Hafer ausgesäet hatten, dieses Verbot vom Bergamte am 6. Aug. dergestalt erneuert, daß nieand den bey Clausthal gewachsenen Hafer bey 50 Thlr Strafe in die Bergstadt bringen und jeder sich des Hafersäens künftig ganz enthalten solle. Da ferner 1673 zur Auftragung einiger Teichdämme die dazu nöthigen Rasen von den nächsten Wiesen abgestochen wurden, und einige Bergfuhrleute, als Eigenthümer solcher Wiesen, um dieser Verderbung ihrer Wiesen vorzubeugen, dieselben umpflügen und des Verbots ungeachtet mit Hafer besäen ließen, so wurde am 16. März 1674 abermals von Bergamts wegen ein Verbot öffentlich angeschlagen, vermöge dessen, besonders den Bergfuhrleuten angedeutet wurde, alle Pflüge binnen 14 Tagen abzuschaffen, oder zu gewärtigen, daß ihnen so wie andern Leuten dieselben vom OBerbergmeister weggenommen werden müssen. S. Gatterer vom Ackerbau der Harzer a.a. O. Th. IV. §. 153.154. S. 120.121.Daher ist in dieser öden traurigen Gegend der Grubenbau das einzige Mittel für die Bergleute, ihr Leben zu fristen, ob ihnen gleich dies durch die drückendste Armuth erschwert genug werden muss.
Johann Carl Freiesleben, Bemerkungen über den Harz, Erster Theil. Bergmännische Bemerkungen über den merkwürdigsten Theil des Harzes, Leipzig (Schäfersche Buchhandlung) 1795, S.71f.
Zitate
Wenn die Fuhrleute die Erze von den steilen Hängen der Berge hinabführen, gebrauchen sie zweirädrige Karren, die hinten zwei bis auf der Erde schleifende Baumstämme nachziehen. Diese bremsen durch ihr Gewicht und hindern das zu schnelle Aufwärtsfahren der schweren, mit Erz beladenen Karren. Wenn sie nicht vorhanden wären, müßten die Fuhrleute häufig Ketten um die Räder legen. Wenn die Fuhrleute die Erze von weniger steilen Bergen hinabschaffen, benutzen sie Wagen, deren Kästen doppelt so lang sind als diejenigen der Karren. Die Seitenbretter sind so angebracht, daß sie aufgehoben und entfernt werden können, wenn das Erz durch die Fuhrleute wieder von den Wagen abgeladen werden soll; denn sie werden nur von Riegeln* gehalten. Die Fuhrleute fahren 30 oder 60 Erzfuhren hinab, die dann von den Gewerken abgeholt werden. Ihre Zahl verzeichnet der Steiger auf dem Kerbholz.
*Sie werden gegenwärtig Rungen genannt.
Georg Agricola; Vom Berg- und Hüttenwesen, München (DTV) 1977, S. 140f.
Abb: Sächsische Landesbibliothek Dresden, http://www.deutschefotothek.de
Wo ist Alfons Glite, der Fuhrherr?
Kommt das je ans Sonnenlicht?
Wer es immer wissen könnte-
Mackie Messer weiß es nicht.
Bertolt Brecht, Die Moritat von Mackie Messer, Dreigroschenroman, Frankfurt (Suhrkamp TB) 1991.
Fuhrmann. Man kann den F.; der den Handels-Frachtverkehr mit Wagen und Pferden beruflich besorgt, von dem unterscheiden, der nur gelegentlich für eigene und auch für fremde Bedürfnisse Fuhren macht, das Fuhrwerk und Gespann aber für seine Wirtschaft benötigt, so der Bauer. Im weiteren Sinn ist als F. der Lenker eines Wagens bei volkstümlichen Festen, so bei Hochzeit und Begräbnis u.a. Gelegenheiten tätig. Der F. im ersteren Sinn, und um ihn handelt es sich beim F.saberglauben vor allem, ist nahezu verschwunden. Die Entwicklung des modernen Verkehres hat das einstige blühende Frachtwesen gänzlich umgestaltet und dem F. die Lebensbedingungen genommen. Besteht aber irgendwo noch ein kleiner Frachtverkehr mit Wagen und Pferdebespannung, so vollzieht auch er sich unter so geänderten Verhältnissen, daß diese nicht den Boden für einen besonderen F.saberglauben abgeben. Es kommt also im folgenden nahezu nur mehr vergangener, nicht mehr bestehender Aberglaube zur Darstellung. Der moderne Frachtverkehr hat einen anders gearteten Aberglauben (s. Eisenbahn, Automobil). Auf die Bildung und den Inhalt des einstigen F.saberglaubens mag der Zustand der Fahrstraßen nicht ohne Einfluß gewesen sein. Diese unterschieden sich von den modernen, technisch vollkommenen, besonders dadurch, daß jene oft über Berge und steile Höhenrücken führten, so daß uns bei ihrer Anlage im Gegensatz zur jetzigen Straßenführung jede Rücksicht auf Mensch und Zugtier außer acht gelassen erscheint. Fahrstraßen waren nämlich oft nur die erweiterten einstigen Gehsteige und Tragtierwege, bei denen Steilheit nicht so vermieden werden mußte, wie bei Fahrstraßen mit Wagenverkehr. Daher ist es natürlich, daß dem F. auf derartigen Wegen größere Schwierigkeiten bereitet wurden und er leicht darüber zu abergläubischen Vorstellungen kommen konnte. Da ferner die Fahrstraßen aus Gründen der Sicherheit oft über Höhen führten, von wo die Stimmen der Fuhrleute in den Niederungen gehört wurden, konnte sich infolgedessen aus der Vorstellung vom wilden Jäger leicht die Vorstellung vom wilden F. entwickeln. Der Ärger über den schlechten Zustand der Straßen und behördlichen Vorschriften machte sich in kräftigen Flüchen Luft.
Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, hg. von Hanns Bächthold-Stäubli unter Mitwirkung von Eduard Hoffmann-Krayer mit einem Vorwort von Christoph Daxelmüller, Bd. 3, Freen – Hexenschuß, Berlin New York (de Gruyter) 1987, Art. Fuhrmann., 197ff.
An den Harz.
Hercynien, bergigtes Land, du sahst den empfinden-
den Busen
Unschuldig jugendlich sich freun;
Dort freylich gefrieren Genies, kein Satyr und keine
der Musen
umtanzen deinen kalten Hayn.Es thürmen sich zu dem Olymp steilhangende, drohende
Klippen,
um die ein ew’ger Nebel fließt.
Dein Blocksberg wird nie zum Parnaß. Es singen nie
dicht’rische Lippen,
Wo man stets wuchert, selten liest.Still, öd, melancholisch und todt, liegt, wirthbar den
schüchternen Eulen,
Dein meilenlanger Tannenwald;
Wo nie Philomene geklagt, Uhuhs dissonantisch nur
heulen
Und nur des Fuhrmanns Peitsche knallt.Wie fürchterlich schwärzt sich dein Wald, wenn Phoebus,
bei drohenden Wettern
Sein Haupt in Donnerwolken hüllt,
Zeus flammende Himmel durchrollt, und dann mit dem
gräßlichsten Schmettern,
der Nachhall neue Donner brüllt.Es stürtzt ins antwortende Thal, ein ewig einförmiges
Knarren
der Künste, von dem Wasser schwer.
Im hohlen und felsigten Weg seufzt mancher befrachtete
Karren;
Kein Phaeton wagt sich hieher.Man höret ein wildes Getös, ein Prasseln erschrecklicher
Flammen,
Das Poch- und Hüttenwerk umziehn.
So schmiedete Vulcans Geschlecht des Jupiter Waffen
zusammen,
und glühte wie hier Schmelzer glühn.Den Bauch deiner Erde voll Erzt zerschmettern die
Donnrer im Kittel,
daß ängstlich das Gebirge kracht.
Sie hauen die blitzende Wand, den Stoff embryonischer
Mittel
Zum Unterhalt, doch mehr zur Pracht.Du Pflanz-Ort der Nothdurft und Pracht, o möchten in
deinen Gefilden
Auch Kenner und Mäcene seyn! –
Gefilde, wie seid ihr so kalt, empfindende Herzen zu bilden!
So rauh, sich mit Geschmack zu freun!Und dennoch verflossen bei euch die tändelnden müßigen
Jahre,
Sanft wie der klare Bach verfließt.
Ganz Knabe bey hüpfender Luft, mit Blumen um lockigte
Haare
Hab ich gelacht, gescherzt, geküßt.O säht ihr den denkenden Mann, wie ehmals den spie-
lenden Knaben
Noch sorgenfrey der Lust sich weihn!
Euch wünsch ich entfernt ein Glück auf! Mir wünsch ich
die Ruhe zu haben,
Noch einmal dort vergnügt zu seyn.
Johann Friedrich Löwen (* 13. September 1727 in Clausthal; † 23. Dezember 1771 in Rostock), Poetische Werke, Zweyter Theil, Oden und Lieder in vier Büchern, Zweytes Buch, Hamburg und Leipzig (Grunds Witwe und Holle) 1760, S. 193f.
FUHRMANNSPEITSCHE, f. die starke, gewöhnlich mit einer langen schmitze versehene peitsche eines fuhrmanns. auf diese schmitze spielt wol die spöttisch auf einen, der verschmitzt zu sein glaubt, zielende sprichwörtliche redensart an er ist verschmitzt wie eine fuhrmannspeitsche. zeitvertreiber 510. complimentierbüchlein v. j. 1654 im Weim. jahrb. 1, 326.
SCHMITZE, f. 4) durch hochd. und md. gebiete ist schmitze als bezeichnung des äuszersten, gewöhnlich besonders angeknüpften endes der peitschenschnur verbreitet, vgl. Stieler 1876. Schm. 2, 562. Reinwald 2, 112. Spiesz 220; schmetze Regel 262. Hertel Salzung. wb. 41; schmitze Albrecht 204a. Kleemann 19b. Liesenberg 197. Bernd 268. Frischbier 2, 299a; in hochd. form bei Schambach 198b: ein seiler schlug glockensträng, den fraget Claus: was machstu für groszen zwirn. der seiler sprach: es ist kein zwirn, es sind schmitzen an die peitschen. Claus narr (1602) 32; so ward mit einmal an dem langen seile das boot und seine mannschaft im bogen rückwärts nach dem schiffe geschleudert, wie die schmitze einer peitsche wenn der fuhrmann einen zug thut. Göthe 28, 235.
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 07.08.2013.
AUSSPANNEN , disjungere, relaxare, extendere, nnl. uitspannen, vgl. anspannen, aufspannen. 1) die pferde, rinder ausspannen: der kutscher hat ausgespannt;
der henker thu ihrs ros ausspannen.
H. Sachs II. 4, 3d;
ein pferd ausspannen. Philander 1, 36; aber auch den wagen, den pflug ausspannen; ich bin ermüdt, ich hab gefürt
des tages bürd, es musz einst abend werden, erlös mich herr, spann aus den pflug, es ist genug,
nimm von mir die beschwerden. kirchenlied.
Deutsches Wörterbuch von Jacob und Wilhelm Grimm. 16 Bde. in 32 Teilbänden. Leipzig 1854-1961. Quellenverzeichnis Leipzig 1971. Online-Version vom 01.08.2013.
Auf den Wegen zwischen Zellerfeld und Goslar, imgleichen zwischen Clausthal und Osterode verübten die Schnapphahnen*, oder Harzschützen**, besonders vielen Unfug und Grausamkeit. Unter andern lauerten sie auf die Bergfuhrleute, welchen sie viele Pferde ausspannten, und wegnahmen, so, daß gedachte Fuhrleute zum Theil nicht mehr imstande waren, ihre Bergfuhren gebührend zu versehen.
Rudolph Leopold Honemann, Bergschreiber und erstem Beamten auf der freien Bergstadt St. Andreasberg; Die Alterthümer des Harzes, aus Zeugnissen bewährter Schriftsteller größtentheils aber aus ungedruckten Urkunden, Dritter Theil, Clausthal (W. H. Wendeborn) 1828, 197f..
| * Der Schnapphahn, des -es, plur. die -hähne, ein Parteygänger im Kriege, welcher widerrechtlich auf Beute ausgehet, ingleichen eine gelinde Benennung eines Straßenräubers; weil beyde darauf ausgehen, fremdes Gut zu erschnappen. Im Niedersächsischen bekommen diesen Nahmen auch wohl die Gerichtsdiener und Bettelvögte, vermuthlich wohl nur im verächtlichen Verstande.[Bd. 3, Sp. 1587]Adelung = Johann Christoph Adelung: Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart mit beständiger Vergleichung der übrigen Mundarten, besonders aber der oberdeutschen. Zweyte, vermehrte und verbesserte Ausgabe. Leipzig 1793-1801. |
HÖHLE: In dem Bergbaue ist die Höhle ein halb rund ausgehauener Baum, ein Trog von einem gewissen Maße, das Erz darin fortzuschaffen. Gemeiniglich hält eine solche Höhle 16 Centner, oder 34 Körbe, oder 8 Karren.
Art. „Höhle“ in: Johann Georg Krünitz; Oekonomische Encyklopädie oder allgemeines System der Staats- Stadt- Haus- und Landwirthschaft:
http://www.kruenitz1.uni-trier.de/
Das Fahren des Eisensteins von den Gruben nach der Hütte geschieht theils ein- und theils zweyspännig; im ersteren Falle haben die Wagen zwey und im letzteren vier Räder. Das auf diesen Wagen oder Karren befindliche Behältniß, worin der Eisenstein geladen wird, ist hier, so wie auf den übrigen Hütten, ein länglich viereckiger Kasten, oder so genannte Höhle, die ihre bestimmten Maßen hat.
Für das einspännige Fuhrwerk ist sie im Lichten 5 Fuß lang, 1 Fuß 8 Zoll weit und 1 Fuß hoch; für das zweispännige so weit uns so hoch als diese, aber 10 Fuß lang: erster faßt also, wenn sie schlicht voll geladen wird, 8 1/3 und letztere 16 2/3 Cubikfuß Eisenstein.
Johann Georg Stünkel, Hüttenschreiber; Beschreibung der Eisenbergwerke und Eisenhütten am Harz, zum Gebrauch für reisende und zur Durchsicht für nichtreisende Freunde des Berg- und Hüttenwesens, Göttingen (Dieterich) 1803, S.157f.


